Quo Vadis Europa?

Es rumort in Europa! Eine gewisse Unzufriedenheit mit der Entwicklung unseres Kontinents ist allerorten anzutreffen. Leider scheint die Mehrheit der EU-Kritiker, die sich durch ihr handeln dann oft doch nur als einfache EU-Gegner erweisen, nur zwei Wege für Europa zu kennen. Einen, den sie ablehnen und einen von dem sie glauben, er sei die Lösung aller Probleme.

Der Weg  der abgelehnt wird, ist der Weg in einen europäischen Zentralstaat. Diesen sieht man gerade im Entstehen begriffen. Der andere Weg ist die Vision eines Europas der Vaterländer oder Nationen. Diese für mich recht unappetitliche Vision bedeutete ein zurück in die Strukturen, die zunächst zu den Katastrophen des 20. Jahrhunderts führten und anschließend, als man sich besann, zur heutigen EU, die ja nun wieder Grund für diese EU-Kritiker/Gegner ist, auf „Start“ zurückkehren zu wollen. Dabei gibt es zwischen der Zentralisierung Europas und der Renationalisierung eine Menge Raum für andere Konzepte.

Mit freundlicher Genehmigung des Autors, möchte ich heute einen Artikel zu der mir sympathischsten europäischen Zukunftsvision wiedergeben. Der Vision eines Europas der Regionen. Für alle die zwar EU-kritisch, aber keine EU-Gegner sind!

Der Artikel erschien erstmals am 14. September 2016 auf diepresse.com und hat bis heute nichts an Aktualität, Dringlichkeit und Berücksichtigungswürdigkeit verloren.

Das Europa des Winston Churchill

Der britische Ausnahmepolitiker skizzierte vor 70 Jahren ein Europa, das von Regionen zusammengehalten wird.

 (Die Presse)

Über die Person Winston Churchill kann man durchaus streiten, unbestreitbar aber sind sein politisches Gespür und sein spätes, aber eindeutiges Bekenntnis zu einem vereinten Europa.

Anfang nächster Woche jährt sich seine berühmte Europa-Rede zum siebzigsten Mal. Am 19. September 1946, ein Jahr nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, hielt Churchill seine vielbeachtete Rede an der Universität Zürich. Er rief zum Aufbau eines vereinten Europas auf. Unter anderem sagte er: „Wir müssen die europäische Völkerfamilie in einer regionalen Organisation neu zusammenfassen, die man vielleicht die Vereinigten Staaten von Europa nennen könnte.“

Dieses berühmte Zitat wird zwar regelmäßig wiedergegeben, selten aber auf den genauen Wortlaut geachtet. Churchill spricht nicht von einer losen Vereinigung von Nationalstaaten, wie sie die EU heute ist. Er bezieht sich auf regionale Strukturen und daher die Regionen Europas als Einheiten – im Sinne eines Vereinten Europas der Regionen. Churchill erkannte, dass die auf Vorurteilen und Feindbildern aufgebauten ethnischen Nationalstaaten einer friedlichen und kooperativen Entwicklung Europas im Wege stehen.

Die Rede hielt Churchill nicht zufällig in der Schweiz. Er und der Begründer der Paneuropa-Bewegung, Graf Richard Coudenhove-Kalergi, erachteten den seit Jahrhunderten erfolgreich zusammenhaltenden Vielvölkerstaat Schweiz stets als Vorbild für ein zukünftiges vereintes Europa.

 

Erfolgsstory Schweiz

Die Basis der Erfolgsstory Schweiz ist ihre politische Gliederung. Im Gegensatz zur EU, Belgien oder den bereits zerfallenen Vielvölkerstaaten Jugoslawien und der Tschechoslowakei, ist die Eidgenossenschaft nicht ethnisch-national, sondern regional gegliedert. Die politischen Einheiten sind weitgehend autonome Kleinregionen (Kantone), viele von ihnen mehrsprachig und multikonfessionell. Diese basisdemokratische politische Struktur förderte die Entstehung stark ausgeprägter regionaler und überregionaler Identitäten, die alle Volks- und Religionsgruppen gleichermaßen einschliessen.

 

Aufwertung der Regionen

Dadurch werden gröbere ethnische und konfessionelle Konflikte vermieden. Die Mischung aus politisch-gesellschaftlicher Stabilität und ausgeprägter lokaler und regionaler Selbstverwaltung ermöglichten zudem den Aufbau bedürfnisgerechter wirtschaftlicher Strukturen, die in anderen Teilen Europas meist fehlen.

In diesem Sinne braucht auch Europa mittelfristig eine regionale Gliederung. Ein solches Europa der Regionen wird zwar gern in Festtagsreden gefordert, existiert aber nicht auf institutioneller Ebene. Das muss sich ändern. Eine ohnehin längst überfällige Reform der EU sollte daher nicht nur die Entrümpelung der EU-Bürokratie und eine Stärkung von EU-Kompetenzen in Bereichen wie der Währungspolitik, der Migration, dem Grenzschutz, der Verteidigung und der Außenpolitik beinhalten. Es sollten vor allem auch die Kompetenzen von Gemeinden und Regionen auf subsidiärer Grundlage nach Schweizer Vorbild europaweit festgelegt werden.

Insbesondere in zentralistischen Nationalstaaten wie Frankreich, Polen, Rumänien, Tschechien, Ungarn, der Slowakei, Slowenien, Kroatien und Griechenland, aber auch in semi-föderalen Staaten wie Deutschland oder Österreich würde eine solche Aufwertung der Regionen und Kommunen nicht nur den Nationalismus schwächen, sondern neue gesellschaftliche und wirtschaftliche Impulse geben. Es wäre die einzig richtige Antwort auf den Brexit und Anti-EU-Populismus der heutigen Zeit.

Peter Jósika ist ein in der Schweiz lebender österreichischer Manager, Autor, Historiker und Politikwissenschaftler.

Buchtip:

beim Verlag kaufen
bei buecher.de kaufen
bei amazon kaufen

#AnotherEurope
#WirBrandenburger

Veröffentlicht unter Bürgernähe, Demokratieverständnis/ Gesellschaft, Europa (der Regionen), Föderalismus, Subsidiarität | Verschlagwortet mit , | Kommentare deaktiviert für Quo Vadis Europa?

Prozenthürden

Die Parlamentswahlen in den Niederlanden am gestrigen Tage mal als Aufhänger für eine deutsche Seltsamkeit: unsere 5%-Hürde(n).

In den Niederlanden gibt es keine Prozenthürde. Für einen der 150 Sitze im Parlament (Tweede Kamer der Staten-Generaalreicht also 1/150 der Stimmen, also 0,67% (1/150 von 100% der abgegebenen Stimmen = 0,67%).

So wie es aussieht, werden demnach 13 Parteien ins Parlament einziehen. In Bund und Ländern Deutschlands wird die 5%-Hürde immer mit Blick auf die Geschehnisse der Weimarer Republik gern als Garant für die Stabilität der Demokratie ausgegeben.

Hm, haben die Niederländer kein Interesse an Stabilität? (Ad hoc fallen sie mir jedoch nicht als Wackelkandidaten in Sachen Demokratie ein). Vielleicht ist die Bundesrepublik ja auch einfach nur falsch aufgestellt oder gar  zu groß für eine ordentliche Demokratie?

Hätten wir keine 5%-Hürde, wären 2013 statt der 4 bzw 5 (CDU/CSU) Parteien 14 bzw. 15 Parteien in den Bundestag eingezogen:

bei 598 Sitzen, folgende (ohne Überhang- und Ausgleichsmandate, nur Zweitstimmenanteil berücksichtigt)

 CDU 204 Sitze
 SPD 154 Sitze
Die Linke 52 Sitze
 B´90/Grüne 51 Sitze
 CSU  45 Sitze
 FDP 29 Sitze
 AfD 29 Sitze
 Piraten 13 Sitze
 NPD 8 Sitze
 Freie Wähler 6 Sitze
Tierschutzpartei 2 Sitze
ÖDP 2 Sitze
pro Deutschland 1 Sitz
REP 1 Sitz
Die Partei 1 Sitz

Auch hier wäre eine Schwarz-Rote Koalition möglich gewesen.

Rot-Rot-Grün wäre dann im Gegensatz zur aktuellen Zusammensetzung allerdings nicht möglich gewesen. Wäre das nun etwas, das man einem System ohne Prozenthürden anlasten könnte?

Rot-Rot-Grün wäre in dieser Legislatur nur möglich gewesen, weil 6.595.625  (fast 6.6 Mio) Stimmen, die ohne Prozenthürde für 92 Sitze gesorgt hätten, in unserem heutigen Wahlsystem einfach unter den Tisch fallen.

Hätten die Niederländer eine 5% Hürde, wären statt 13 nur 7 Parteien im Parlament, das heißt 16,3 % der Wählerstimmen, die sonst zu einem Mandat geführt hätten blieben unberücksichtigt

Tut mir Leid, bin kein Fan von Prozenthürden…

Ach und noch etwas, gar nicht so unwichtiges am Ende…

In letzter Zeit wird ja von verschiedenen Kreisen Stimmung für eine Verkleinerung des Parlaments gemacht (Wejen dit vülle Jeld und die tun ja eh nüscht tun). Egal ob mit oder ohne Prozenthürden. Weniger Abgeordnete bedeutet auch, daß mehr Stimmen für einen Sitz nötig wären. Das würde die größeren Parteien weiter stärken und die kleineren schwächen….

#AnotherEurope
#WirBrandenburger

Veröffentlicht unter Bürgernähe, Demokratieverständnis/ Gesellschaft | Verschlagwortet mit , | Kommentare deaktiviert für Prozenthürden

Kurzer Einwurf pro Föderalismus und Subsidiarität

Schulsysteme, Kitagebühren, Anbauverbote etc., immer öfter fordert eine Gruppierung, ein Verband, eine Interessenvertretung oder auch eine Partei  bundeseinheitliche Lösungen und etliche Bürger scheinen das zu unterstützen – auch ohne zu schauen oder gar zu untersuchen, wer das eigentlich  fordert und warum. Mit jeder Vereinheitlichung von Gesetzen auf Bundesebene schmälert man Gestaltungsmöglichkeiten auf der Landesebene. Man ruft für immer mehr Bereiche nach bundeseinheitlichen Regelungen, also im Prinzip nach der Abkehr von Föderalismus und Subsidiarität. Das sind interessanterweise oft die gleichen Menschen, die eine Vereinheitlichung/Gleichschaltung auf der nächsthöheren Verwaltungsebene, der europäischen, vehement ablehnen.

Ich lehne diesen Drang zum Zentralismus eben nicht erst ab der EU-Ebene ab, sondern schon auf der Bundesebene.

Was hindert uns Brandenburger daran, das in unseren Augen beste Modell in einer Angelegenheit auch für uns zu fordern, von unseren Parlamentariern auf der Landesebene? Warum sollen wir warten, bis sich 16 Bundesländer auf ein Modell geeinigt haben – ach halt, wenn die Zentralisierung abgeschlossen ist, dann muß man nur den Bund überzeugen.

Hm, Moment! Also ich halte es für einfacher, eine Legislative, die für 2,5 Mio Bürger auf knapp 30 Tsd. km² wirkt zu erreichen und zu überzeugen, als eine Legislative, die für 82 Mio Bürger auf 360Tsd km² zuständig ist.
Im Bundestag sitzen derzeit 12 Brandenburger Abgeordnete (nicht zu vergessen in 4 Fraktionen). Auf jeden Brandenburger Abgeordneten kommen also gut 204.000 Brandenburger. Tja und dann gibt es da noch 618 Abgeordnete aus anderen Ländern. Im Brandenburger Landtag Sitzen 88 Abgeordnete (gut 27.800 Ew./Abgeordneter) die Mehrheit liegt bei 45 und nicht bei 316. Da sollte eine Mehrheit für Brandenburger Angelegenheiten, die auch nach heutiger Rechtslage in Brandenburg allein geklärt werden können, doch schneller in Brandenburg zu organisieren sein als im Bund, oder?

Wieso soll es nicht möglich sein, daß Brandenburger in Brandenburg für Brandenburg und für Brandenburger ihre Belange regeln? Jeder Abgeordnete des Brandenburger Landtages betreibt ein Abgeordnetenbüro, ist erreichbar. Jeder Abgeordnete ist in einer Partei oder Vereinigung organisiert, die man mal besuchen oder der man auch beitreten kann.
Ich stelle es mir bedeutend einfacher vor für uns vor Ort,  hier in Brandenburg etwas erreichen können, als über Berlin oder Brüssel gehen zu müssen.

Abbau von föderalen und subsidiären Strukturen dient immer der Stärkung von Zentralismus. Zentralismus führt und führte immer, über kurz oder lang, bei den einen zu einer Schwächung der Identifikation mit der entsprechenden „Verwaltungseinheit“, somit zu politischem Desinteresse und einer Verweigerung der demokratischen Teilhabe – man überläßt das Feld quasi jenen, die darin eine Chance erkennen; bei anderen hat Zentralismus den gegenteiligen Effekt, führt zu übersteigerter Identifikation, die irgendwann im Chauvinismus endet und in seiner Wirkung durch die Verweigerungshaltung Erstgenannter auch noch verstärkt wird.
Zentralismus ist schon mehr als einmal  gescheitert und er dürfte auch einer der Gründe sein, warum viele Europäer perspektivisch ein zunehmendes Unbehagen mit Aufbau und Funktion der heutigen EU empfinden.

Wenn man etwas auf naher Ebene regeln kann, so sollte man das auch tun. Schützt auch vor Ausreden über bundesdeutsche oder europäische Hindernisse.

 

#AnotherEurope
#WirBrandenburger

Veröffentlicht unter Demokratieverständnis/ Gesellschaft, Europa (der Regionen), Föderalismus, Subsidiarität | Verschlagwortet mit , | Kommentare deaktiviert für Kurzer Einwurf pro Föderalismus und Subsidiarität

Kurzer Einwurf: Trump als Chance?!

Machen wir uns nichts vor, weder unter Clinton noch unter Trump hätten sich die USA in eine Sozialstaat europäischer Prägung verwandelt.

Auch bin ich der Meinung, daß die Wahrscheinlichkeit einer kriegerischen Auseinandersetzung direkt oder indirekt zwischen den USA und Russland, die sich um den Brennpunkt Syrien entfesseln könnte, unter Clinton deutlich höher einzuschätzen wäre als unter Trump. Die in vielen Medien verbreitete Ansicht, daß Trump außenpolitisch unklar wäre, teile ich nicht ganz. Er ist wohl das, was man einen Paläokonservativen nennt, also nichts für den europäischen Geschmack, aber diese Strömung (Sarah Palin ist eine weitere Vertreterin) bringt es mit sich, daß man außenpolitisch eher auf Isolation als auf Expansion setzt. Mehrere dahingehende Andeutungen hat es von Trump im Wahlkampf gegeben.

In dieser unmöglichen Wahl sehe ich also ein Chance für uns Europäer. Ratlos und verzweifelt sind heute eigentlich nur jene, die bisher in Vasallentreue nach Washington schauten und durch die jahrelange Übung darin, das eigene Denken, Konzipieren und Entscheiden verlernt haben.

Die Unmöglichkeit Trumps, so meine Hoffnung, kann zu einer Emanzipation EU-Europas führen. Wir Europäer haben nun die bisher für nicht möglich gehaltene Chance, politisch wieder auf eigenen Beinen zu stehen – nicht um „great again“ zu werden, sondern um Politik für die Bürger zu machen und stärker den tatsächlich europäischen Interessen zu folgen.
Ich meine, daß wir heute Zeuge des Eintritts in eine weitere Phase des Niedergangs einer Hegemonialmacht wurden. Wir haben nun die Wahl mit ihr unterzugehen oder uns zu emanzipieren. Ich hoffe auf letzteres.

Veröffentlicht unter Europa (der Regionen) | Kommentare deaktiviert für Kurzer Einwurf: Trump als Chance?!

Olympia regional

Die Olympischen Spiele sind vorbei.

Mit einem Augenzwinkern und für alle Freunde des Regionalen hier eine Statistik zur Deutschen Olympiamannschaft, aufgeschlüsselt nach Herkunftsregionen. Also so, wie es durchaus sein könnte, wenn wir schon ein Europa der Regionen hätten…

medaillenspiegel regional

Erläuterung: Sortiert wurde nach historischen Regionen bzw. Kulturlandschaften; dennoch lassen sich recht leicht auch die Daten nach Bundesländern herauslesen.

Baden und Württemberg wurden getrennt betrachtet. Ebenso Schleswig und Holstein. Auch erlaubte ich mir, zwischen Franken und Bayern zu unterscheiden.

Ferner wurde das Bindestrichland Nordrhein-Westfalen in seine Bestandteile aufgeteilt, also Westfalen und Rheinland. Dem Rheinland wurden der Ordnung halber natürlich auch die entsprechenden Teile eines weiteren Bindestrichlandes zugerechnet; Rheinland-Pfalz. Der Rest dieses schönen Landes wurde als „Pfalz“ einzeln gewertet. Wobei sich der Pfälzer darüber sicher nicht grämt, ist die Pfalz doch mehr als doppelt so groß wie das Saarland (5451,09 km² zu 2569,69 km²) und ist sie auch Heimat für mehr Menschen als es das Saarland ist (1,4 Mio zu nicht ganz 1 Mio).
Überhaupt wundert man sich bei der Betrachtung von Regionen schon, zumindest ich tue das, wie einige der dem Namen nach vertraut klingenden Bundesländer zum Teil doch willkürlich zusammengewürfelte Angelegenheiten zu sein scheinen (gut, gut, ich kann es mir erklären, dennoch…)

Wohingegen Berlin natürlich zu Brandenburg gezählt wurde. Historisch gehören wir zusammen und die Trennung ist ein Relikt des heißen und Kalten Krieges. Jeder anständige Brandenburger gesteht dem Berliner eine Besonderheit nur in dem Maße zu, wie das auch die Bayern mit einem Münchner tun, aber eben nicht mehr. Berlin ist nur die größte Stadt Brandenburgs 😉 . Ebenso klar, daß die historisch Freien Städte Bremen und Hamburg auch in dieser Statistik ihre Eigenständigkeit behalten durften.

Verzichtet wurde – anders als beim „Kunstland“ Rheinland-Pfalz – darauf das „Kunstland“ Sachsen-Anhalt in seine historischen Bestandteile aufzudröseln. (das hätte mir einfach zu lange gedauert)

Hier also die Platzierung der Regionen nach Herkunft (Geburtsort, frühe Kindheit, Kindheit/Jugend – nicht derzeitiger Wohnort) der 449 „deutschen“ Olympiateilnehmer:

Region                         Teilnehmer

  1. Rheinland             75
  2. Brandenburg        59
  3. Württemberg       38
    Hessen                  38
  4. Bayern                   33
  5. Sachsen                 32
  6. Westfalen             28
  7. Baden                    26
  8. Niedersachsen     25
  9. Hamburg              18
  10. Franken                14
  11. Sachsen-Anhalt   11
  12. Holstein                 9
  13. Thüringen             8
  14. Bremen                  6
  15. Saarland                5
    Pfalz                       5
  16. Mecklenburg        4
  17. Schleswig              2

Die an 449 fehlenden Teilnehmer kamen erst so spät in hiesige Gefilde, daß man auch mit bestem Willen nicht unterstellen kann, daß eine der hier benannten Regionen irgendwas dazu „beitragen“ konnten, daß sich der Teilnehmer seinem Sport zuwenden wollte. In der Regel übten sie vorher schon ihren Sport erfolgreich aus.

Was die Teilnehmerzahl angeht, liegt das Rheinland vorn, gefolgt von Brandenburg, Hessen und Württemberg. Die einzige Region, die keinen Sportler entsandte ist ein Teil eines Bindestrichlandes: Vorpommern (Das heutige Vorpommern ist mit 7.137 km² zwar größer als die Pfalz, hat mit weniger als 500.000 Einwohnern aber fast nur ein Drittel der Einwohner der Pfalz.)

Kommen wir nun zum Medaillen-Spiegel nach Regionen:

(Bei Mannschaftssportarten, wurde die Medaille eines jeden Sportlers gewertet)

Region                      Gold           Silber       Bronze

  1.  Rheinland              10               7               19
  2.  Sachsen                   9                4                0
  3.  Brandenburg          8                4 ´             9
  4.  Württemberg          3                 5                1
  5.  Niedersachsen        3                 3               5
  6.  Hessen                      3                 2               3
    Westfalen                  3                 2               3
  7.  Bayern                      2                 4               2
  8.  Baden                       2                 2               3
  9.  Thüringen                2                 0               2
  10.  Sachsen-Anhalt       1                 1                1
  11.  Schleswig                  1                 1               0
  12.  Franken                     1                0               3
  13.  Saarland                    1                0               0
  14.  Holstein                    0                2               1
  15.  Mecklenburg            0                2              0
  16.  Hamburg                   0                1              12
  17.  Bremen                      0                1               1
  18.  Pfalz                           0                1                1

Und hier die Übersicht nach Gesamtmetall:

Region              Medaillen

  1. Rheinland          36
  2. Brandenburg     21
  3. Hamburg           13
    Sachsen              13
  4. Niedersachsen  11
  5. Württemberg     9
  6. Bayern                 8
    Hessen                8
    Westfalen           8
  7. Baden                  7
  8. Franken              4
  9. Thüringen          4
  10. Holstein              3
    Sachsen-Anhalt 3
  11. Bremen               2
    Mecklenburg     2
  12. Pfalz                    2
    Schleswig           2
  13. Saarland             1

Aus dem Zyklus der unnützen Statistiken, aber für die wohlwollende, regionalbezogene Frotzelei am Stammtisch durchaus geeignet, hier eineAussagen zum Thema Effizienz:

Medaillenausbeute in Prozent

  1. Schleswig                          100,00 %
  2. Hamburg                             72,22 %
  3. Thüringen                           50,00 %
    Mecklenburg                      50,00 %
  4. Rheinland                           48,00 %
  5. Niedersachsen                   44,00 %
  6. Sachsen                               40,63 %
  7. Pfalz                                     40,00 %
  8. Brandenburg                      35,59 %
  9. Holstein                               33,33 %
    Bremen                                33,33 %
  10. Westfalen                            28,57 %
    Franken                               28,57 %
  11. Sachsen-Anhalt                 27,27 %
  12. Baden                                  26,92 %
  13. Bayern                                 24,24 %
  14. Württemberg                     23,68 %
  15. Hessen                                 21,05 %
  16. Saarland                              20,00 %

Und für die Leute die doch noch nicht anders können, hier eine Übersicht der Teilnehmerherkunft nach aktuellen, ebenso klassischen, wie oft auch künstlich zugeschnittenen Bundesländern:

Bundesland Teilnehmer

  1. Nordrhein-Westfalen                 89
  2. Baden-Württemberg                  64
  3. Bayern                                           47
  4. Hessen                                           38
  5. Sachsen                                          32
  6. Berlin                                              30
  7. Brandenburg                                 29
  8. Niedersachsen                               25
  9. Rheinland-Pfalz                            19
  10. Hamburg                                        18
  11. Sachsen-Anhalt                             11
    Schleswig-Holstein                       11
  12. Thüringen                                        8
  13. Bremen                                             6
  14. Saarland                                           5
  15. Mecklenburg-Vorpommern         4

…. und um sich die Medaillen pro Bundesland auszurechnen, benötigt man noch die Info, daß der Rheinlandanteil von Rheinland-Pfalz 2 Gold, 2 Silber und 2 Bronze und der Berlinanteil 2 Gold, 1 Silber und 7 Bronze beträgt.

 

#WirBrandenburger

Veröffentlicht unter Augenzwinkern, Brandenburg, Europa (der Regionen), Föderalismus | Verschlagwortet mit | Kommentare deaktiviert für Olympia regional

Der vergessene Feiertag: In dieser Woche feiern wir 858 Jahre Brandenburg -zumindest sollten wir das…

Der vergessene Feiertag:

Am 11. Juni 1157 erobert der Askanier Adalbert von Ballenstedt die Brandenburg aus den Händen von Jaxa von Köpenick – ein Fürst der slawischen Sprewanen.
1150 starb der letzte slawische, aber schon christliche Fürst der Heveller, Pribisław-Heinrich. Dieser hatte seinem ihm wahrscheinlich sogar freundschaftlich verbundenen „Nachbarn“, dem Markgrafen der Nordmark, Adalbert von Ballenstedt, die Burg und sein Fürstentum vererbt. Eine Freundschaft zwischen beiden kann angenommen werden, da Pribisław-Heinrich bereits 1128 dem Sohn Adalberts, Otto, die Zauche zum Taufgeschenk machte – liegt hauptsächlich im heutigen Landkreis Potsdam-Mittelmark.

Jaxa von Köpenick fühlte sich im Testament Pribisław-Heinrichs übergangen und eignete sich kurzerhand die Burg an, bis Adalbert sie sich am 11. Juni 1157 „zurückholte“. An diesem Datum – so sagt man – wurde aus der Nordmark die Mark Brandenburg.
Adalbert von Ballenstedt ist für uns Märker heute: Albrecht der Bär! Der 11. Juni 1157 gilt als Geburtstag der Mark.

Wir könnten also am 11. Juni dieses Jahres 858 Jahre Brandenburg feiern, zumindest sollten wir das. Leider haben die meisten Brandenburger dieses Datum nicht auf dem Schirm oder im Kalender; auch von offizieller und öffentlicher Seite geschah in den letzten Jahren an diesem Datum recht wenig – abgesehen vom Jahre 2007, da gab es zum 850. Geburtstag einige Fachveranstaltungen  und offizielle Akte, allerdings ruhte schon im Folgejahr der See in Brandenburg am 11. Juni still. So ist das leider in Brandenburg in Sachen Regionalbewußtsein und der landsmannschaftlichen Identität, die hier erfreulich anderen Gesichtspunkten folgen könnte als in vielen anderen Landstrichen.

Also:

Hie gut Brandenburg allwege und herzlichen Glückwunsch!

Wer sich traut, kann ja dieses Bild in Facebook-Titelgröße in dieser Woche über seiner Chronik thronen lassen:

11061157Brandenburgdatum

#AnotherEurope
#WirBrandenburger

Veröffentlicht unter Brandenburg, Europa (der Regionen), Geschichte | Verschlagwortet mit , | Kommentare deaktiviert für Der vergessene Feiertag: In dieser Woche feiern wir 858 Jahre Brandenburg -zumindest sollten wir das…

Lesen Sie Brandenburg!

Viele Menschen lesen gern historische Romane, vor allem dann, wenn sie gut recherchiert sind und in einem realen historischen Kontext stehen.

Die meisten dieser Menschen werden sich blendend in der Geschichte Frankreichs und Großbritanniens auskennen. Um nicht mißverstanden zu werden, es gibt phantastische Literatur aus diesen und über diese Länder. Aus der Uthred-Saga von Bernard Cornwell möchte wohl niemand einen der bisher erschienenen 7 Bände vermissen. Diese Reihe wäre eine dringende Empfehlung an alle, die sich für das frühmittelalterliche England interessieren. Aber gibt es nicht auch etwas Vergleichbares für Brandenburg. Es wäre doch gelacht, wenn es über ein Land aus dem Reigen der ältesten Länder in Mitteleuropa nicht eine Fülle historischer Romane gäbe! Es gibt sie leider nicht, die Fülle von Romanen; aber es gibt einige Romane. Vier davon sollen hier kurz erwähnt werden:
(Kurzbeschreibungen zum Inhalt finden Sie auf den verlinkten weiterführenden Seiten nach einem Klick auf die Abbildungen)

Brandenburg im 10. Jahrhundert:

Brandenburg im 12. Jahrhundert:

Brandenburg im 15. Jahrhundert:

Brandenburg im 17. Jahrhundert:

Noch mehr Leseempfehlungen rund um Brandenburg gibt es unter:

bb-buch.de

und

 

#WirBrandenburger

Veröffentlicht unter Brandenburg, Geschichte, Kultur | Verschlagwortet mit | Kommentare deaktiviert für Lesen Sie Brandenburg!

Brandenburgbewußtsein – 11. Juni for Feiertag! (irgendwie muß man ja anfangen)

Angestoßen um die Diskussion zu Überlegungen der Brandenburger Landesregierung in Brandenburg den 8. Mai zu einem Brandenburgeigenen Feier-/Gedenktag zu erklärenn hier ein Gegenentwurf:

Wenn Brandenburg sich einen eigenen Feiertag gönnen möchte, dann vielleicht einen urbrandenburgischen und keinen der die Folgen gesamtdeutschen nationalistischen Wahns behandelt. In weiten Teilen bestimmen die dunklen Flecken, die Schattenseiten der Geschichte die deutsche Identität.

Ein solcher urbrandenburgischer Feiertag könnte der 11. Juni sein, in Gedenken an die Gründung der Mark Brandenburg im Jahre 1157.

Ich wundere mich immer wieder, wie sehr national fokussiert wir doch immer noch sind, obwohl wir wissen, was ein solches Denken Mitteleuropa eingebracht hat. Ein wenig mehr Regionalität und Regionalbewußtsein können da nicht schaden; auch im Sinne der Vorbeugung.

Dazu passend, ein Zitat von der Webseite des Deutschlandfunks aus einem Beitrag der auch unter der Überschrift „Art der Geschichtsschreibung im Wandel der Zeit“ stehen könnte:

„Weil Geschichtswissenschaft die längste Zeit, bis Mitte des 20. Jahrhunderts definitiv, eine sehr affirmative Geschichtswissenschaft gewesen ist. Eine Geschichtswissenschaft, die vor allen Dingen dazu diente, den Nationalstaat zu legitimieren. Erst in den 70er-, 80er-Jahren, wo eine kritische Geschichtswissenschaft sich Bahn brach, gab es auch eine Aufmerksamkeit für Orte, die nicht zur Legitimation des Nationalstaates dienen, und das ironische an dieser Entwicklung ist, dass wir unsere Identität heute vor allen Dingen aus diesen gebrochenen Orten beziehen. Früher haben diese gebrochenen Orte die Identität eher gestört und heute haben wir eher eine kritische Identität, die genau diese bösen Orte, diese Schattenorte braucht und daraus ihr Selbstverständnis bezieht.“

Quelle: http://www.deutschlandfunk.de/tagung…icle_id=312115

Gegen einen 8. Mai als Gedenktag ist an sich nichts einzuwenden, diesen aber dann bundesweit – obwohl ich hier gern den 9. November in Erinnerung rufen möchte, welcher für die nationale Geschichte sowohl Gedenk- als auch Feiertag wäre. Scham und Schande, Glück und Freude.

Die Provinz Brandenburg im entmachteten Freistaat Preußen hatte am Ausbruch und am Ende des Krieges keinen gesondert zu betrachtenden Anteil. Dies ist eine gesamtdeutsche Bürde.

Dennoch finde ich den Ansatz einen brandenburgeigenen Gedenk- und Feiertag einzuführen sehr interessant und wichtig, aber eben zu einem Brandenburger Thema, nach Möglichkeit identitätsfördernd.

Ein brandenburgeigener Feiertag hat nach meinem Dafürhalten brandenburgexklusiv zu sein. Er sollte sich um ein brandenburgeigenes Thema drehen und auch geeignet sein die regionale Identifikation zufördern und somit Identität entwickeln helfen. Der 11. Juni bietet sich geradezu an, diese Aufgabe zu übernehmen.
(Der wahre Brandenburger kann – wenn er Deutschland nicht feiern möchte – auch schon heute am 3. Oktober Brandenburg feiern. Am 3. Oktober 1157 benutzte Albrecht der Bär zum ersten mal selbst den Titel Markgraf von Brandenburg, die Jahre zuvor hat er sich noch ein wenig geziert )

Es gibt alle zwei Jahre den Brandenburgtag, man könnte damit beginnen, diesen auf den 11. Juni zu legen; fix. Beim letzten Brandenburgtag hat es ganze 2 oder 3 Brandenburgflaggen auf dem Festgelände gegeben, dies sogar nur auf Initiative Einzelner und nicht als Bestandteil der Organisation. Traurig!
Ferner meine ich, daß Europa vor einem Umbruch steht. Nachfolgendes klingt aus heutiger Sicht vielleicht noch ein bisschen spinnert, aber ich wage mal eine Prognose für die nächsten 50 Jahre (friedliche Beilegung europäischer Krisen vorausgesetzt).

Ich denke, daß sich EU-Europa weiterentwickeln wird. Zugleich hoffe ich, daß es nicht in Richtung eines zentralistisch geführten Superstaats geht. An den heutigen Krisen in der EU kann man ziemlich genau beobachten, wie sehr nationales Denken immer noch geeignet ist Stimmung zu erzeugen und Menschen zu instrumentalisieren. Mein Wunsch wäre es, daß wir erkennen, daß der Nationalismus ausgedient hat. Wenn der Franzose weiter auf seinem Frankreich besteht und der Deutsche auf seinem Deutschland und beide meinen, daß hübsch verpackte Konzerninteressen das französische oder deutsche „Interesse“ abbilden würden, ist das letztendlich auch nur eine weitere, moderne Form vom alten Nationalismus.

Es gibt seit einigen Jahren, quer durch Europa ein Erstarken regionaler/regionalistischer Bewegungen. Die Schotten scheiterten bei einem Volksentscheid nur knapp daran, sich von Großbritannien lösen zu können. Die Katalanen, haben ähnliches vor, einige Bayern auch. Ebenso gibt es regionalistische Bestrebungen nach mehr Autonomie oder Unabhängigkeit in der Bretagne, der Normandie, in Okzitanien (im Prinzip der komplette Süden des heutigen Frankreichs), in  Venetien, der Lombardei, Sizilien und in Süd-Tirol sowieso – eigentlich in ganz Europa. Auch hier in Brandenburg (und in Sachsen) gibt es mit der Lausitzer Allianz eine Partei, die zwar noch nicht landesweit in Erscheinung getreten ist, ihren Fokus aber streng auf die Lausitz und die sorbisch/wendische Tradition legt. Mit dem Südschleswigschen Wählerverband sitzen Regionalisten in einer Landesregierung. In ganz Europa gibt es Regionalparteien die sich für ein Europa der Regionen einsetzen. Parteien denen es auf Föderalismus, Subsidiarität, Selbstbestimmung, Wahrung der regionalen Vielfalt in Sprache und Kultur sowie auf mehr Bürgernähe und Direktdemokratie unter einem europäischen Dach ankommt.

Ich halte dieses Europa der Regionen, gern als Republik, für die vorzuziehende Alternative gegenüber dem Europäischen Superstaat, der sich unter deutscher Führung zu formieren droht und auf seinem Weg aber jede Menge sprengstoffgeladenen Momente bereithalten würde.

Wenn man von rechts und von links weiter auf die nationalen Schiene beharrt, die einen, um sie zu feiern, die anderen, um sie zu verdammen, ist eine Abkehr vom nationalen Denken als Grundlage des Handelns letztendlich unwahrscheinlich. Man sollte vielleicht anfangen so ein Thema nicht deutschlandzentriert, sondern europäisch zu sehen.

Weit ausgeholt für ein Brandenburgthema, aber ebenso, wie es ein Fehler ist, anzunehmen, daß man ein Deutschlandthema heute noch isoliert betrachten kann, wäre es auch ein Fehler, ein Regionalthema nur isoliert zu betrachten.

Eine Vorreiterrolle hätte Brandenburg, wenn es sich mit seinem EIGENEN Feiertag von der nationalen Schiene verabschiedet und seine Bürger anhält sich als Brandenburger in Europa zu fühlen.

Ich denke auch aktuelle Diskussionen würden um eine angenehme Perspektive erweitert, wenn uns Brandenburgern unsere Historie wirklich bewußt wäre und wir uns dieser auch ein wenig verpflichtet fühlten.

In unserem schönen Land gibt es zuhauf Ortsnamen die auf „-ow“, „-in“ oder „-itz“ enden; es gibt Orte denen ein „Klein“ vorangestellt ist. Alles Hinweise auf einen slawischen Ursprung der Siedlung.

Ja, während der (früh)mittelalterlichen Ostsiedlung bekämmpften sich die Eliten, die einfache Bevölkerung vermischte sich letztlich aber.

Nationalisierende Geschichtsschreibung reduziert den Kampf auf „Deutsche gegen Slawen“; früher, um eine Sieg zu feiern und den nationalen Gründungsmythos zu untermauern, heute um das Ganze einfach nur zu verdammen. Beide Seiten unterschlagen dabei aber, daß z.B. auch polnische Fürsten gegen die hier siedelnden Slawen vorgingen. Es war eben kein Kampf „deutsch“ gegen „slawisch“ sondern „christlich“ gegen „heidnisch“.

Und dennoch, auch unter den Eliten gab es friedliche Verbindungen. So wurde die Gründung der Mark – so, wie sie von statten ging – erst möglich weil ein slawischer, aber schon christlicher Fürst, Pribislaw-Heinrich, mit Sitz auf der Brandenburg, den Askanier Albrecht von Ballenstedt als Erben einsetzte. Zuvor machte dieser Pribislaw-Heinrich dem Sohn Albrechts, der spätere Markgraf Otto I., die Zauche (liegt im heutigen Landkreis Potsdam Mittelmark) zum Taufgeschenk.

Seitdem war Brandenburg das, was man in der Moderne ein Einwanderungsland nennen könnte, in dem das vorherrschte was man heutzutage als Integrationskultur definiert – hier gab es schon „multikulti“, bevor das Wort dafür kreiert wurde – immer aber unter einem belastbaren Wertekanon (das scheint mir heute zu fehlen).  Dies war so in der Mark Brandenburg und später auch in Preußen, bis, ja bis es später auf einmal wichtig wurde vor allem „deutsch“ zu sein. Damit fingen die Probleme an.

Der ständige Zustrom von Menschen die Zuflucht oder nur ein besseres Leben suchten war prägend für unseren Landstrich. Wir sind – so meine ich – gerade wegen unserer Entstehungsgeschichte und der multikulturellen Ausrichtung bis ins 19. Jh hinein eigentlich weniger „deutsch“ als viele andere deutsche Länder; in jedem Falle weniger als das so mancher wahr haben möchte.  Wir sind eine herrliche Promenadenmischung!

Unser Landstrich könnte auch als Brücke begriffen werden zwischen Ost und West. Es gibt in der Geschichtswissenschaft den Begriff „Germania Slavica“ es bezeichnet neben anderem auch unsere Gegend und grenzt unsere „Ecke“ vom sonst römisch geprägten Rest der deutschen Länder ab. Zu Recht, wie ich finde. Es gibt da bis heute klar erkennbare Mentalitätsunterschiede, die nicht zwingend nur mit 40 Jahren DDR zu erklären sein müssen.

Warum „nicht Deutschsein“ ein Makel sein soll, erschließt sich mir nicht. Geboren wurde dieser Makel aber wohl im 19. Jh, in der Zeit der in ganz Europa aufkommenden Nationalbewegungen. Es gibt eine interessante Studienarbeit mit dem Titel „Polen in Preußen – Zur preußischen Polenpolitik im 19. Jahrhundert„, die diese Thema berührt. Darin wird u.a. auch die Erhebung der Daten für den preußischen Zensus beschrieben. Interessant ist der Wandel einzelner Fragestellungen. Am Anfang wurde lediglich nach den Sprachen, die man sprach gefragt (Zweisprachigkeit war in weiten Teilen des frühen Brandenburgs und später auch in Preußens usus). Irgendwann wurde explizit gefragt, ob man „auch Deutsch“ sprach. Am Ende wollte man wissen, ob  „Deutsch“ die Muttersprache ist, die anderen Sprachen waren nachrangig.

Alles Nichtdeutsche wurde mehr und mehr ein Makel. Auch hier in Brandenburg, aber doch erst ziemlich spät, im 19. Jh..

Das Ende des Liedes ist, daß heute Neonazis mit Nachnamen, die womöglich auf „–itz“ und „–ow“ oder „-owski“ enden, Jagd auf Sorben machen, weil Sie meinen die „deutsche Sache“ verteidigen zu müssen.

Mit ein wenig Geschichtswissen würden diese vermeintlich reindeutschen Arier vielleicht aber wissen, daß sie die Eindringlinge und Fremdkörper sind, die hier in einem Gebiet ihr Unwesen treiben, das aus einer Vermischung von Slawen und Germanen und steter Einwanderung entstand. Sie würden vielleicht auch dahinter kommen, daß – wenn sie selbst waschechte Brandenburger sind – sie ebenso eine Promenadenmischung sind. Damit die sich aber so richtig bekloppt fühlen können, müßten auch alle anderen Brandenburger ein wenig mehr über ihre Heimatgeschichte wissen.

Mit Kenntnis des historischen Hintergrunds wäre den Nazispackos vielleicht bewußt, was es mit der Besiedelung der späteren Mark Brandenburg auf sich hatte, daß die ersten Brandenburger eine Mischung aus frühmittelaterlichen Slawen und fühmittlealterlichen Sachsen waren (nicht die Sachsen aus dem Süden, damals lag Sachsen noch im Westen). Daß wir Brandenburger eine – ich wiederhole es gern – bunte Promenadenmischung sind und auch über die Jahrhunderte blieben und sie würden vielleicht wissen, daß auf dem heute Brandenburger Gebiet der ehemaligen Mark Lausitz der letzte sichtbare Beweis von etwas lebt, das so seinerzeit in der gesamten späteren Mark Brandenburg anzutreffen war und der uns Brandenburger Hinweis auf unsere Frühgeschichte gibt. Sie würden wissen, daß nicht „unsere Vorfahren“ hier auf Slawen trafen, sondern daß Slawen und Germanen hier zu den Vorfahren waschechter Brandenburger wurden.

Wenn wir uns also auf den Weg in ein neues Europa machen möchten, so gehört dazu nicht nur ein europäisches Bewußtsein, sondern eben auch ein Regionalbewußtsein. Wir müssen regionaler werden, um europäischer werden zu können. Und da man irgendwo anfangen muß, schlage ich vor den 11. Juni in Brandenburg zum Feiertag zu erheben.

Literaturempfehlungen zum Thema:
Wie die Mark entstand: 850 Jahre Mark Brandenburg (erhältlich z.B. im Landesarchäologischen Museum Brandenburg)

Der Wandel um 1000

Transformationen und Umbrüche des 12./13. Jh.

 

Veröffentlicht unter Brandenburg, Europa (der Regionen), Geschichte, Kultur | Kommentare deaktiviert für Brandenburgbewußtsein – 11. Juni for Feiertag! (irgendwie muß man ja anfangen)

Kurzer Einwurf: Recht auf trerritoriale Integrität versus Selbstbestimmungsrecht

Rede Dr. Gregor Gysis (Die Linke) am 13. März 2014 im Bundestag zur Krim-/Ukrainekrise

Stimme der Linken und Herrn Gysi in der Analyse und auch bei den meisten Schlußfolgerungen zu; nur in einem Punkt habe ich eine andere Auffassung. In der Bewertung des Rechtes auf territoriale Integrität. Dieser Begriff fällt zwar nicht in der Rede, meine aber, daß er auch bzw. vornehmlich gemeint war, wenn das Völkerrecht erwähnt wurde. Ja, es gibt wohl ein Recht auf territoriale Integrität, es sollte heutzutage wohl vornehmlich eine Abwehr von Angriffen von außen rechtfertigen und ermöglichen, Und bei „Angriffen“ von innen? Da steht das Recht auf territoriale Integrität womöglich dem Selbstbestimmungsrecht gegenüber (welches ich eng betrachtet als Recht der Völker, Volksgruppen und Bevölkerungsteile oder Bewohner einer Region auffassen wollte). Wenn ich diese zwei Rechte nun gegeneinander abwiegen müsste und entscheiden müsste welches Rechtsgut höher zu bewerten ist, würde ich meinen, daß bei einem „Angriff von innen“ das Selbstbestimmungsrecht höher zu bewerten ist als das Recht auf territoriale Integrität des übergeordneten „angegriffenen“ Subjekts. Die Linke hat da offensichtlich eine andere Auffassung.  Für mich ist es aber so, daß die Rechtfertigung das Recht auf territoriale Integrität über das Recht auf Selbstbestimmung zu stellen, sich aus einem Verständnis und einer Zeit ableitet als der Souverän noch ein Monarch war. Dort wo das Volk, der Wähler der Souverän ist, sollte das Selbstbestimmungsrecht gewichtiger sein. So wäre es dann auch im gewissen Sinne Aufforderung an die Mandats- und Amtsträger, möchte man territoriale Integrität erhalten, sich in ihren Entscheidungen und Handeln hauptsächlich an den verschiedenen Bedürfnissen des Souveräns zu orientieren. Man sollte meinen, daß der Souverän diese Stellung schon heute inne habe, wie wir alle wissen, hat er das aber nicht. Mit einer anderen Auffassung von der Gewichtung dieser beiden Rechte würde das Selbstbestimmungsrecht zum Lobbyersatz bzw. –Gegengewicht. Ja, und im Zweifel bedeutet dieses Recht halt Sezession.

Interessanter Artikel zum Thema andernorts (EU-Infothek):
Ein demokratisches Europa sollte auch Sezessionen erlauben

Video der Europäischen Freien Allianz, EFA (Europapartei) zum Thema Selbstbestimmungsrecht.

Veröffentlicht unter Demokratieverständnis/ Gesellschaft, Europa (der Regionen), Föderalismus, Sezession/ Dismembration, Subsidiarität | Kommentare deaktiviert für Kurzer Einwurf: Recht auf trerritoriale Integrität versus Selbstbestimmungsrecht

Wie bitte!? – Wer, macht was, für wen?

Es sind die vielen Kleinigkeiten, die das Große und Ganze ins Wanken bringen, oder die Ausdruck dafür sein können, daß das Große und Ganze längst am Boden liegt. Während wir aufgescheucht werden, uns über die Griechen oder die italienischen Wahlen zu mokieren, wird unser eigenes Gemeinwesen peu à peu in Wirkung und Funktion auf den Kopf gestellt und niemand stört sich daran….

Fast ging es unter, einige werden es nicht mitbekommen haben, aber uns wurde vergangener  Woche ein Erfolg verkündet. Ein Sieg der Interessen der Bürger! Alle Beteiligten im Vermittlungsausschuß waren und sind sich einig.  Ein Gewinn für alle Bürger unsere Landes. So konnte man es den Meldungen entnehmen.

Worum ging es? Es beginnt bei der letzten Fußball EM 2012. Während des Halbfinalspiels Deutschland-Italien entschied das nur minimal besetzte bundesdeutsche Parlament, daß Meldeämter die Adressen der Einwohner an Adresshändler verkaufen dürfen, es sei denn, der Einwohner widerspricht dem. Im Bundesrat stieß dieses Gesetz auf Ablehnung. Also wurde ein Vermittlungsausschuß einberufen und dieser hat nun seine Arbeit beendet und uns oben genannte Lobhudelei verkündet. Nun ist es so, daß die Meldeämter persönliche Daten der gemeldeten Einwohner nur dann herausgeben dürfen, wenn diese vorher der Weitergabe ausdrücklich zugestimmt haben. Klingt doch toll, ist doch alles im Lot, oder? Interessant dabei auch: Gemeldet und berichtet wurde „herausgeben“ gemeint war aber „verkaufen“.

Wie bitte?!

MEINE Verwaltung ist jetzt offizielle Anlaufstelle für Adresshändler?!

Der einzig verkündbare Erfolg, der einzige zu erklärende Sieg, der einzig mögliche Gewinn wäre der gewesen, klar zu machen, daß unsere Einwohnermeldeämter niemals eine Anlaufstelle für Adresshändler sein werden, daß es den Meldeämtern strikt verboten ist die Daten IHRER Bürger an Unternehmen herauszugeben.

Mal schauen wie sich das entwickelt. Vielleicht gibt es ja ein Bonussystem? „Sie möchten Einen Ausweis? – Der kostet 28,80 €, wenn Sie der Weitergabe Ihrer Daten zustimmen, kostet er aber nur 17,90 €, wenn Sie uns noch 4 Verwandte oder Nachbarn nennen, die Ihre Daten auch freigeben würden und diese es auch tun, erhalten Sie den Ausweis kostenlos.“ So etwa?

Oder: „Sie haben falsch geparkt, das macht 15 €; stimmen Sie der Weitergabe Ihrer Daten zu, kostet´s die Hälfte“

Auch folgende Frage ist in dem Zusammenhang interessant:

Wenn der Vermittlungsausschuß nun den rechtlichen Rahmen abgesteckt hat, ist im konkreten Falle eine Verwaltung dennoch so frei zu sagen: „Nein, kommt nicht in Frage, wir wollen keine Anlaufstelle für Adresshändler sein!!“? Oder hat nun ein Adresshändler einen Rechtsanspruch, Verwaltungen dazu zu zwingen die Frage nach der Einwilligung zu stellen und wenn es doch ein paar „Trottel“ gibt, die einwilligen,  kann die Verwaltung nun gezwungen werden die Daten zu verkaufen?

Die Idee den Kommunen auf diese Weise Geld zukommen zu lassen  mag rationalem Denken entspringen, aber:

Rationalität ist nicht gleich Vernunft

Vernunft ist eine gedachte, akzeptierte und vor allem verstandene Schranke, die der reinen Rationalität die Grenzen aufzeigt.

Rationalität ohne Vernunft ist mitunter unanständig, ist das Gesetz des Dschungels .

Auch in ehrendem Gedenken an den verganger Woche verstorbenen Stéphane Hessel  erkläre ich also:

Ich empöre mich!

P.S. Der aktuelle Volksentscheid in der Schweiz zur Begrenzung der Managerboni verdeutlicht, was uns mittlerweile fehlt oder gar mittels mannigfaltiger Argumentation als selbstverständlich fehlend begründet wird. Die Macht des Volkes, eine wahre Interessenvertretung der Wähler. Was wir haben sind Erklärbären, die uns sagen, warum wir das ganz anders sehen müssen, Vertreter die oft in die falsche Richtung vertreten.

Der Souverän eines Gemeinwesens gewährt allen Akteuren die Möglichkeit innerhalb seines Gemeionswesens zu agieren, dieser und niemand anderes. Wenn  es ein Akteur mal übertreibt, weist der Souverän ihn in die Schranken. Bei uns Wunschdenken, klingt ja auch weltfremd, oder?

Veröffentlicht unter Bürgernähe, Demokratieverständnis/ Gesellschaft | Kommentare deaktiviert für Wie bitte!? – Wer, macht was, für wen?