Vielleicht mal ganz anders denken

…. mal wieder der 11. Juni

In dieser Woche wurde im Brandenburger Landtag der Antrag der „Linken“ abgelehnt, den Internationalen Frauentag am 8. März zum zusätzlichen Feiertag in Brandenburg zu erklären.

Allerdings erfolgte die Ablehnung auf der Seite der SPD nicht aus inhaltlichen Gründen, sondern mit Verweis auf den geltenden Koalitionsvertrag. Das ist schade! Man selbst würde der Idee schon zustimmen wollen, könne dies aber frühestens in der nächsten Legislatur.

Die Diskussion darüber, ob man nun wirklich einen zusätzlichen Feiertag in Brandenburg benötigt steht auf einem anderen Blatt. Aber wenn man schon einen neuen Feiertag für Brandenburg möchte, könnte er vielleicht auch thematisch etwas mit Brandenburg zu tun haben.

Wir sind im Alltag bemüht dem wiedererstarkenden Nationalismus entgegenzutreten. Das ist dringend nötig und daher angebracht. Leider verfallen wir dabei inzwischen schon zu oft in DDR-eske Platitüden, die kaum noch Wirkung zu entfalten imstande sind. Parolen, Parolen, Plakate! Gebetsmühlenartig, niemand hört zu, keiner schaut hin!

Eine überlegenswerte Alternative zur eigentlich nur selbstweihräuchernden Darstellung der eigenen Tadellosigkeit seitens der Akteure, wäre vielleicht ein Hinweis auf eine Brandenburger Identität; die eben keine „deutsche“ ergo nationale Identität ist und dies auch nicht sein kann udn will. Brandenburg ist von Beginn an ein Schmelztigel der Kulturen gewesen. Einwanderung aus aller Herren Länder, multiethnisch, multilingual! Die, die hier waren und die, die über Jahrhunderte hinweg herkamen, schufen – natürlich nicht ohne Reibungspunkte – den Brandenburger. Der Brandenburger war – anders als die Wurzeln anderer Bundesländer – nie ein Stamm, er war schon immer eine Gemeinschaft und wir Brandenburger könnten uns heute mit einem Augenzwinkern als die vielleicht charmanteste Promenadenmischung der Bundesrepublik betrachten. In unserer langen Brandenburger Geschichte, ist „Deutschland“ nur „die aktuelle Phase“. Egal, welche Krone, welcher Präsident, welche Kommissionschefin oder sonst was an der Spitze des einenden Daches steht, unter dem sich Brandenburg gerade einordnet; der Brandenburger bleibt zunächst erstmal Brandenburger und dafür, dies zu betonen und feiern, gäbe es auch ein Datum: der 11. Juni. Der 11. Juni 1157 gilt als Geburtstag Brandenburgs. Diesen zu einem Feiertag zu erheben, böte die Möglichkeit allerhand positive Bezüge aus der Geschichte ins heute zu übertragen und somit dem Nationalismus auch mit „Brandenburger Argumenten aus der Historie“ zu begegnen. Wir waren schon multikulti bevor es das Wort dafür gab. Mehr Brandenburg in Europa wagen!

Also: Wie wäre es denn nun mit einem Feiertag, der auch ein Brandenburger Thema betrifft? Einen solchen Feiertag zu begehen würde die regionale Identität stärken. Regionale Identität ist greif- und erlebbar und würde dann auch dem Erstarken von Nationalismus entgegenwirken. Region ist Heimat, Nation ist Fiktion! 11. Juni for Feiertag!

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Und immer wieder der gleiche Fehler….

Dieses Umfrageergebnis postete der rbb auf seiner Facebook-Seite. Ein paar Gedanken zu einer nur augenscheinlich harmlosen Umfrage.

Nachfolgend meine ursprünglich auf Facebook gepostete Antwort, die für das Medium natürlich wieder viel zu lang ist:

Ich bin Brandenburger. Dieses Ost-/West-Ding ist so dämlich und unnötig; außerdem überhaupt nicht hilfreich. Klassisch und deutlich länger in Gebrauch war – wenn man denn überhaupt nach Himmelsrichtungen unterteilen möchte – die Betrachtung Nord-/Mitte-/Süd. Diese Unterteilung stammt aus der Jahrhunderte langen vornationalen Zeit und betrachtete Sprach- und Kulturräume aber keinen Gesamtstaat. Erst mit dem nationalen Denken wurde es üblich, in West-/Mitte-/Ost- zu unterteilen. Durch den Kriegsausgang wurde, auch begünstigt durch die Zonengrenzen, die Mitte der nationalen Betrachtung dann zum Osten und wir haben das nach der Wende unüberlegt und unhinterfragt übernommen. Heute haben wir den Salat – weniger im „Ost-West-Problem“, sondern im Fortbestehen des nationalen Denkens, das sich bei zu vielen zu einem ordentlichen Nationalismus/Chauvinismus (zurück)entwickelt hat. Sich darüber zu wundern ist aber ziemlich naiv, wenn man bedenkt, daß selbst jene, die meinen sich dagegen zu wehren, mit Begriffen arbeiten, die von national denkenden Menschen geprägt wurden.

Die „(Reichs-)Deutsche Staatsbürgerschaft“ ist ein Kind des Dritten Reiches und hat sich bis heute gehalten. Davor war man Staatsbürger des föderalen Gliedstaates und hatte darüber auch innerhalb des Reiches alle Rechte. Eine Staatsbürgerschaft auf föderaler Ebene – zumal sie in den deutschen Ländern Tradition hat – würde auch der europäischen Idee wesentlich besser zu Gesicht stehen.

Und überhaupt: „Wiedervereinigung“! – Auch dieser Begriff ist ein Kind der nationalen Mottenkiste. Ein vereinigtes Deutschland hat es vor der „Wiedervereinigung“ gerade mal 74 Jahre gegeben; von 1871 bis 1945. Und die Zeit, in der, technokratisch gesehen, diese (nationale/nationalistische) Einheit am besten funktionierte, waren die 12 furchtbarsten Jahre in der Geschichte der beteiligten „deutschen“ Länder. In den 62 Jahren zuvor ist man beim Versuch „Einheit“ herzustellen kläglich gescheitert. Ein Kaiserreich zerbrach mit dem Ende des 1. Weltkrieges, welcher duch nationalistischen Antrieb aller Beteiligten vom Zaun gebrochen wurde und der anschließende Versuch einer Demokratie in Einheit war aufgrund des daraus folgenden Geburtsfehlers zum Scheitern verurteilt.

Wenn wir Nationalismus wirklich etwas entgegensetzen wollen, könnten wir damit beginnen, Begrifflichkeiten, die ihren Ursprung im nationalen/nationalistischen Denken haben, weniger zu verwenden und auch gar nicht erst zu versuchen, sie mit neuen Inhalten aufzufüllen. Das ist nur alter Wein in neuen Schläuchen und am Ende immer zum Scheitern verurteilt.

Im Falle von Reibungspunkten wird ein Ausgleich zwischen Deutschen, Franzosen, Polen, Italienern immer schwieriger herzustellen sein als z.B. zwischen Rheinländern, Bretonen, Masowiern und Lombarden – am besten noch unter einem europäischen Dach. Der Fehler mag vielleicht auch sein, daß heutzutage zuviele Multiplikatoren „Identität“ für ein nationalistisches Problem halten. Ich meine, daß lediglich die Verankerung von Identität auf der falschen Ebene das Problem darstellt. Menschen brauchen nunmal Identität. Eine „regionale“ Identität ist da deutlich charmanter und kann unter einem Europäischen Dach, welches diese fördert und fordert sogar dafür sorgen, daß man sich mit beidem, seiner Region und Europa gleichermaßen identifiziert. Man muß dafür nur zulassen, daß man Unterschiede erkennnen, benennen und dann natürlich auch gemeinsam feiern darf. … und dies nicht nur in „Deutschland“ sondern in allen großen europäischen Staaten (wer googeln mag: als Anhaltspunkt Staaten auf der statistischen Ebene NUTS-0)

So harmlos die Umfrage wirken mag, sie bedient sich untauglicher Kategorien und schürt das Gegenteil von dem, was man vermeintlich erreichen möchte….. Nationales Denken hatte seine Aufgabe und seine Zeit. Es beendete den Absolutismus und machte tatsächlich auch Demokratisierung möglich. Aber die Zeit des Nationalen war nur recht kurz von Erfolg gekrönt und wurde dann recht schnell problematisch und häßlich. Wenn ein Werkzeug seinen Zweck erfüllt hat, legt man es beiseite und beginnt mit dem nächsten Arbeitsschritt…. das sollten wir auch tun…..

Für uns hieße das: Brandenburger in Europa sein zu wollen. Zusammen mit allen anderen Regionen…..

… nur so eine Idee…. man wird ja mal träumen dürfen….

…. ein Anfang wäre, bei solchen Umfragen zumindest die Möglichkeit der Auswahl einer Kategorie „regionale Identität“ zuzulassen.

Ich wäre nicht überrascht, wenn sich da schon heute ein ordentlicher Anteil an Prozentpunkten sammeln würde, selbst wenn die Entscheidung dafür erst mit der Frage und den Antwortmöglichkeiten getroffen würde.

Oben gestellte Frage ist eben tendenziös und suggestiv, weil sie nicht alle infrage kommenden Antwortmöglichkeiten zuläßt.

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Geschitsbilder – brandenburgisch vs. deutsch

Am 30. April 1415 wird der Nürnberger Burggraf Friedrich VI. offiziel mit der Mark Brandenburg belehnt und trat nun als Friedrich I. von Brandenburg auf den Plan der Geschichte. Damit verbunden ist die Erzählung einer Erfolgsgeschichte, die aus Brandenburger Sicht aber mehr mit einem Märchen als mit der Wirklichkeit zu tun hat.

Warum das so ist, soll hier nachfolgend kurz skizziert werden

Das Geschichtsbild, das der Beschreibung der Situation kurz vor Herrschaftsantritt der Hohenzollern zugrunde liegt, ist in der Regel aus der (gesamt)deutschen Perspektive gemalt. Das Brandenburger Geschichtsbild zum gleichen Vorgang sollte ein wenig anders aussehen und daher die Geschehnisse auch etwas anders beschreiben.

Durchgesetzt bzw. mehrheitsfähig in der Betrachtung jener Zeit hat sich die Lesart der Hohenzollern, welche eigentlich erst so Recht als „korrespondierende Propaganda“ zur Legitimation der Kaiserkrone 1871 an Bedeutung gewann. Sämtliche Berichte über den „anarchischen“ märkischen Landadel, der sich widersetzte und das frühe Brandenburg zu einem Paradies für „Raubritter“ werden ließ, basieren auf der Feder eines einzigen Chronisten: Engelbert Wusterwitz. Dieser war ein Parteigänger des Nürnberger Burggrafen Friedrich VI. bzw. gehörte er zum Lager des Markgrafen Sigismund (Luxemburger), der seit 1411 auch König des Heiligen Römischen Reiches war. Daß ein solcher Chronist Geschichte im Sinne seines Lagers beschreibt, liegt auf der Hand. Alle anderen Autoren nach ihm beriefen sich in der Regel unkritisch auf diese Texte. Dabei sollte einen schon verwundern, daß die eine Seite durchweg edel zu sein schien und in den höchsten Tönen glorreiche Attribute zugeschrieben bekam und die andere Seite alles Schlechte auf und in sich vereinte. Und sollte doch mal jemand eine andere Betrachtung anstellen wollen – so zum Beispiel Theodor Fontane – so fand diese nie wirklich Gehör, weil die Konsequenz eine Trübung des hohenzollerschen Selbstverständnisses ergo des Bildes des aktuellen Herrscherhaueses wäre.

Die Situation aus Brandenburger Sicht salopp zusammengefaßt:

Die Luxemburger (sie stellten die Markgrafen seit 1378) hatten seinerzeit herzlich wenig Interesse an Brandenburg, dafür aber ein sehr großes an der einen oder anderen Krone – entweder sie zu erhalten oder zu bekommen. Dafür benötigte man Geld und das bekam man unter anderem durch die Verpfändung oder sogar (?) den Verkauf von Burgen an den märkischen Landadel. Naja, Markgraf Sigismund verpfändete in seiner ersten Amtszeit als Herrscher Brandenburgs (1378-1388) etliche Burgen an den heimischen Adel und am Ende die ganze Mark an seinen Cousin Jobst, um die nötigen Mittel zu bekommen, seine 1387 erworbene ungarische Krone zu erhalten. Jobst selbst wollte gern Römischer König werden und auch dafür brauchte er Geld und saugte die Mark weiterhin aus. 1410 König geworden, starb Jobst kurz darauf und so übernahem Sigismund, der ihm 1411 in der Königswürde nachfolgte im gleichen Jahr auch wieder die Mark als Markgraf. Sigismund hatte nach wie vor kein sonderliches Interesse in der Mark zu herrschen und sah sie nur als Territorium, welchem er Geld abpressen konnte. Ein wenig störend dabei war inzwischen der Brandenburger Adel, der durch die Burgen in Pfandbesitz auch zu einem gewissen Einfluß kam und Mangels übergeordneter Herrschaft selbstverständlich „sein Ding“ machte. Also wurde der Burggraf von Nürnberg als Vasall des Königs, der er ja „nur“ war, ins Brandenburgische geschickt, um die Burgen zu entsetzen. Zu entsetzen? Ja und genau das ist der Punkt! Sigismund hätte auch einfach den Pfand bezahlen können und die Burgen wären wieder seine gewesen. Konnte und/oder wollte er aber nicht. Für weit unter Pfand oder auch für lau sollte der märkische Adel die Burgen herausrücken, daß dies auf wenig Gegenliebe stieß leuchtet sicherlich ein.

Aus deutscher Sicht erzählt sich die Geschichte also wie gehabt. Die ordnungsliebenden Hohenzollern sorgten in Brandneburg für geregelte Verhältnisse und stellten seit dem die Markgrafen, später die preußischen Könige und naheliegend dann auch die neuen deutschen Kaiser. Was für eine Erfolgsstory.

Aus Brandenburger Sicht, und die bevorzuge ich, war Burggraf Friedrich IV. von Nürnberg eigentlich nur eine Art Kettenhund der Luxemburger, zog den Brandenburger Adel über den Tisch und bekam als Dank dafür die Mark und den Markgrafentitel. Aber auch als Friedrich I. kümmerte sich dieser Hohenzoller nach dem eigentlichen Raub der Burgen und der Usurpation Brandenburgs herzlich wenig um die Mark und war hier kaum anzutreffen. Von dieser unschönen Herrschaftsübernahme unbenommen bleiben die durchaus prägenden Erfolge der Nachfolger Friedrich I.

In einer Brandenburger Sicht auf unsere Geschichte sollte auch nicht untergehen, daß die Herrschaft der ursprünglichen Lokatoren, bzw. der Lokatoren, die sich in Brandenburg letztendlich durchgesetzt haben, das eigentliche Brandenburger Herrscherhaus der Askanier, im Jahre 1319/20 endete und Brandenburg seitdem Spielball der Königspolitik war. Dies unterscheidet uns dann durchaus von anderen Teilen des HRR. Wettiner, Wittelsbacher, Württemberger, Obodriten (Mecklenburg) etc. schauen da auf eine deutlich längere Konsistenz ihrer Herrschaft zurück.

Bücher zum Thema, die eine andere Betrachtung dieser Zeit fordern/pflegen:

Clemens Bergstedt – „Die Quitzows im Bild der märkischen Geschichte“

Uwe Michas – „Die Quitzows: Räuber oder Rebellen?“

Und vielleicht ein Link zu einem Artikel zum Thema:

https://www.maz-online.de/…/verdrehte-geschichte-so…

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Die Mark ist nur das halbe Land

Gern rutscht vielen Menschen und auch der Presse ein „Mark“ oder „die Märker“ heraus, wenn eigentlich „Brandenburg“ und „die Brandenburger“ gemeint sind. Streng genommen ist das aber falsch. Also gilt es, folgende Frage zu klären:

Wo ist die Mark und wo nicht, wer ist Märker und wer nicht?

Der 1862 geborene Ruppiner Heimatdichter und Lehrer Paul Hirsch beschrieb in seinem Gedicht „Legende: Wie der Märker entstand“,  wie seinerzeit der Heiland und Petrus an Spree und Havel gereist sein sollen, um ein Geschöpf zu erschaffen, das dem Boden dieser Gegend auch Früchte abzuringen imstande wäre. Petrus erschrak vor dem grobschlächtigen Ergebnis, dem Märker,  und wandte sich an den Heiland mit der Bitte, ihn wieder zurückzuverwandeln. Woraufhin es im Gedicht in der letzte Strophe dann heißt:

„Doch milde sprach der Heiland Christ:
„Nein, Peter, – der bleibt, was er ist!
Will er in dem Sumpf und im Sand gedeihn,
dann muss er trutzig und rauhhaarig sein!“
Allzeit ging in Erfüllung das Wort des Herrn:
Der Märker ist grob, – aber brav sein Kern!“

Als Geburtstag Brandenburgs gilt der 11. Juni 1157 an diesem Tage gelang es Albrecht dem Bären, ein Askanier und der erste Markgraf Brandenburgs,  eine vermutlich seit dem Frühjahr 1157 besetzte Burg, die ihm bereits 1150 von seinem kinderlos verstorbenen  Freund und Nachbarn, dem slawischen Fürsten Pribisław-Heinrich vererbt wurde, aus den Händen des Besatzers zurückzugewinnen. Albrecht war somit Herrscher im östlichen Grenzgebiet des Heiligen Römischen Reiches und ein solches Grenzgebiet wurde als Mark bezeichnet; in unserem Falle also die Mark Brandenburg.  „Brandenburg“ nach dem Sitz des weltlichen Herrschers Albrecht auf der Brandenburg an der Havel.

Zu Beginn war die Mark noch recht klein, sie bestand aus der Altmark – grob die zwei nördlichen Landkreise des heutigen Sachsen-Anhalt, Teilen des Havellandes und der Zauche – der nördliche Teil des heutigen Landkreises Potsdam-Mittelmark. Das war es zunächst. Auf dem Rest der Landschaften zwischen Havel und Oder gründeten die Askanier und wettinische, magdeburgische, pommersche sowie piastische Kräfte etliche Orte „um die Wette“  und rangen so um die dauerhafte Errichtung einer Herrschaft für ihre jeweiligen Herren. Auch der eine oder andere, meist recht kurzlebige  Versuch der Etablierung einer eigenständigen, unabhängigen Adelsherrschaft wurde unternommen. Doch nach und nach setzten dich die „Brandenburger“ durch. Brandenburg wurde – nicht zuletzt durch die 1356 in der Goldenen Bulle festgeschrieben Kurfürstenwürde eine feste Größe im Gefüge des Heiligen Römischen Reiches. 1356 herrschten in Brandenburg mittlerweile die Wittelsbacher (ja, die Bayern). Der letzte Wittelsbacher Markgraf Otto V. trug übrigens den schönen Beinamen „der Faule“.

Aber wo liegt nun die Mark?

Wir haben uns heute angewöhnt, „Brandenburger“ und „Märker“ synonym zu verwenden. Aber bei genauerer Betrachtung ist das eigentlich falsch. Nicht jeder Brandenburger ist Märker und darüber hinaus ist heute nicht mal jeder Märker Brandenburger.

Nach der Etablierung der Mark Brandenburg innerhalb des Heiligen Römischen Reiches entwickelten sich 5 historische Landesteile, die uns heute leider kaum bewußt sind, aber uns im Alltag ab und an noch über den Weg laufen und uns dabei auch gern mal einen gedanklichen Streich spielen.

Diese 5 historischen Landesteile sind:


1. Altmark (heute in Sachsen-Anhalt)

2. Neumark (heute in Polen)

3. Mittelmark (zwischen 1. und 2.)

4. Vormark (Prignitz)

5. Uckermark (manch einer zählt sie auch zur Mittelmark)

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Die Mark 1320 – die Einteilung in „Nieder-“ und „Oberlausitz“ wurde erst ab dem 15. Jh. vorgenommen. Bis dahin wurde nur die spätere Niederlausitz als „Lausitz“ bezeichnet, die später Oberlausitz nicht
Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:MarkBrandenburg.png (Wikipedia, von de: Benutzer: Captain Blood)

Heute noch in sprachlichem Gebrauch sind davon lediglich „Uckermark“ und „Mittelmark“, zur Prignitz sagt niemand mehr Vormark und Alt- sowie Neumark sind uns im Laufe der Geschichte abhandengekommen. Die Neumark 1945 und die Altmark schon 1815. Wobei die Altmark lediglich einer Gebietsreform zum Opfer fiel. Sie blieb unter der Herrschaft der preußischen Krone, bildete aber zusammen mit Gebieten des seit 1680 schon unter Brandenburger Hoheit stehenden Herzogtums Magdeburg und neu hinzu gekommenen Gebieten des königlichen Sachsens die neue Preußische Provinz Sachsen. Nach 1945 wurde aus ihr das Land Sachsen-Anhalt, bis es 1952 aufgelöst und 1990 wiedergeboren wurde.  Märker leben also heute auch noch in den beiden nördlichen Landkreisen Sachsen-Anhalts, sind seit 1815 aber keine Brandenburger (mehr).

1815 geschahen für Brandenburg gleich mehrere wichtige Änderungen. Auch wenn das Ende der Mark Brandenburg im Jahre 1806 ein Ergebnis der Niederlage gegen Napoleon war, wurde die Mark – genauso wie das Heilige Römische Reich – 1815, nachdem sich das Blatt gewendet hatte, nicht wieder ins Leben gerufen. Die preußischen Reformen waren im vollen Gange und Preußen wurde erstmals in Provinzen gegliedert. 1815 war das Jahr in dem nach dem endgültigen Sieg über Napoleon ganz Europa auf dem Wiener Kongress (1814/15) neu verhandelt und aufgeteilt wurde.  Sachsen, ein ursprünglicher Parteigänger Napoleons, verlor dabei  fast 60 Prozent  seiner Gebiete mit 40% der sächsischen Bevölkerung und mußte diese an Preußen abtreten. Ein Teil ging, wie eben geschildert, an die neue Preußische Provinz Sachsen ein kleinerer Teil wurde der Preußischen Provinz Schlesien zugeschlagen und ein Großteil der neuen Preußischen Provinz Brandenburg. Die ehemals sächsischen Gebiete waren nun also brandenburgisch und grenzten an die Alt-Brandenburger Neumark und die Mittelmark, waren aber selbst eben nicht Teil der alten Mark Brandenburg.

Die Mittelmark ist eine Region, die uns heute allzu gern einen gedanklichen Streich spielt. Gerade in der Presse ist oft von einer Verortung „Mittelmark“ oder von „mittelmärkischen Gemeinden“ zu lesen, wenn Geschehnisse im Landkreis Potsdam-Mittelmark beschrieben werden sollen. Das ist ebenso falsch wie es auch leicht nachvollziehbar ist.  Hier die Erklärung für den nachvollziehbaren Fehler:

Potsdam-Mittelmark entstand 1993, neben anderen Gebieten, hauptsächlich aus den 3 DDR-Kreisen Belzig, Potsdam-Land und Brandenburg-Land. Der Name des Landkreises „Potsdam-Mittelmark“ bedeutet nicht „bei Potsdam UND die Mittelmark“, so scheinen es viele Menschen und Journalisten fälschlicherweise zu verstehen, sondern eher eigentlich „Potsdamer Umland IN der Mittelmark“. Leider berücksichtigt der gewählte Landkreisname dadurch nicht den ganzen Landkreis. Der komplette Süden des Kreises gehörte bis 1815 größtenteils zu Sachsen und dort zum Amt Belzig und liegt somit nicht in der Mittelmark. Von 1815/17-1952 hieß das was wir heute als Potsdam-Mittelmark kennen (mit der einen oder anderen Gebietskorrektur zu verschiedenen Zeiten) „Landkreis Zauch-Belzig“: wobei „Belzig“ für das ehemals sächsische Amt steht und “Zauch“ für den bis dahin als Zaucheschen Kreis bezeichneten Landstrich in Brandenburg. Und die Zauche liegt in der Mittelmark, stellt aber nur deren südwestlichsten Zipfel dar. Das Havelland, nördlich der Zauche liegt auch in der Mittelmark. Östlich der Zauche liegt der Teltow (der Norden-Teltow-Flämings) auch der einst ein mittelmärkischer Kreis. Und auch der Norden des  Landkreises Dahme-Spree, früher  zum Teil zum Kreis Teltow gehörig, liegt in der Mittelmark. Im Grunde ist die Mittelmark das gesamte Gebiet zwischen Sachsen-Anhalt und der Oder. Im Norden wird die Mittelmark durch die Vormark (Prignitz, heute im Landkreis  Prignitz und Teile v. Ostprignitz-Ruppin) und die Uckermark begrenzt. Die südliche Grenze der Mittelmark zieht sich quer durch ganz Brandenburg entlang der bis 1815 sächsischen Gebiete. Nauen, Oranienburg, Erkner sind Orte der Mittelmark wohingegen Belzig z.B. nicht in der Mittelmark liegt, obwohl der Landkreisname in täuschender Weise das Gegenteil behauptet.


Fazit:

Mit „Märker“ oder „in der Mark“ werden heute zwar oft alle Brandenburger und ganz Brandenburg beschrieben, eigentlich leben aber nur die Brandenburger nördlich der bis 1815 sächsischen Gebiete in der Mark und sind Märker. Wohingegen auch einige Sachsen-Anhaltiner und die Bewohner der größten märkischen Stadt, Berlin, zwar auch Märker aber eben keine Brandenburger sind.

Historisch durchaus ableitbar wäre aber, die südlich der Mark liegenden Gebiete Brandenburgs als „Lausitz“ zu bezeichnen. Auch wenn dieser Begriff heute ein deutlich enger gezeichnetes Gebiet umfasst als die historische Lausitz, die zeitweise auch als Mark Lausitz in Erscheinung trat. So wird es beispielsweise einigen Bewohnern des Flämings kaum bewußt sein, daß auch ihre Orte einst ein Teil der Lausitz waren.

Wenn man heute also Geschehnisse in Brandenburg beschreiben möchte, so ist „in der Mark“, wie dargestellt eigentlich falsch; „Mark und Lausitz“ aber schon ziemlich dicht an einer optimalen Ansprache. Der Franke in Bayern  kennt das; wobei ja hier noch das Problem besteht, daß der Landesname sich nur an einer Gruppe, den Bayern, orientiert und die Franken außen vor läßt. Brandenburg hingegen ist heute das Land von Mark und Lausitz, da sollte es keine Streitigkeiten geben. Naja, oder vielleicht doch. Einen weißen Flecken gäbe es. Ähnlich wie im angesprochenen Bundesland Bayern, wo es neben Franken und Bayern auch noch die Schwaben gibt, hat auch Brandenburg einen Landstrich, den man weder zur Lausitz noch zur Mark zählen kann. Dies ist ein Landstrich, der größtenteils von einer Kulturlandschaft abgedeckt wird, die zwar nie eigenstaatlich oder eine Verwaltungseinheit war, aber dennoch vielen Menschen ein Begriff ist: der Fläming (auch wenn er bis nach Sachsen-Anhalt hineinreicht und bis in die Lausitz) Also ist Brandenburg, wenn man es genau nimmt, das Land von Mark, Lausitz und Fläming.

Übrigens: Die fünf Bände Theodor Fontanes „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ entstanden zwischen 1862 und 1889. Zu einer Zeit also, in der Brandenburg – bis auf die später abhanden gekommene Neumark und das ausgegliederte Berlin – ungefähr schon so aussah wie heute. Dennoch spart er in seinem Werk den Süden komplett aus. Gewandert wurde tatsächlich nur durch das märkische Brandenburg – ohne die offiziell nun nicht mehr Brandenburger Altmark aber eben auch ohne die nun Brandenburger Lausitz. Mit der Lausitz hätte das Werk ja auch „Wanderungen durch Brandenburg“ heißen müssen.

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist Strassennetz_und_Staedte_Mark_Brandenburg_1648-1024x856.png
Die Mark Brandenburg 1648
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Straßennetz_und_Städte_Mark_Brandenburg_1648.png (Wikipedia)
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Wahlrechtsreform, die X-te

In letzter Zeit wird mit zunehmender Frequenz eine Reform des Wahlrechts zur Wahl des Budestages diskutiert, weil dieser angeblich zu groß sei. Bereits 2017 widersprach ich diesem Ansinnen mit einem kleinen Vergleich innerhalb Europas und bezog mich dabei auf das Verhältnis zwischen Abgeordnete und Wahlberechtigte/Bevölkerungszahl.

Die erhöhte Taktzahl, in der das Thema auf der Agenda mittlerweile erscheint, läßt aber vermuten, daß ein Verkleinerung des Bundestages wohl unausweichlich erscheint. Jüngster Vorstoß stammt vom Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU im Deutschen Bundestag, Ralph Brinkhaus. Dieser möchte den Bundestag auf 750 Sitze Maximum begrenzen und dafür gegebenenfalls Direkt- und Überhangmandate einfach streichen. Ein denkbar schlechtes Modell. Für Direktmandate hat zu gelten „gewählt ist gewählt“.

Abgesehen davon also, daß der Bundestag im Verhältnis zu Bevölkerung und Wahlberechtigten zu den kleinsten Parlamenten Europas gehört und unser derzeitiges Wahlsystem eigentlich recht ausgeklügelt und gut ist, möchte man aber wohl partout nicht von einer Verkleinerung ablassen. Sei es aus populistischen Gründen oder tatsächlich aufgrund der Aufgabenfülle aus Effizienzbestrebungen. Dann wäre es aber statt der Streichung von Direkt- und Überhangmandaten vielleicht sinnvoll, gedanklich etwas anders an die Sache heranzugehen.

Vom Grundsatz „gewählt ist gewählt“ sollte man bei den Direktmandaten nicht abweichen. Aber was spricht dagegen, den Bundestag in Sachen Mandatszuordnung etwas härter zweizuteilen? 299 Mandate werden – nach wie vor – mit den Direktkandidaten besetzt und 299 über Liste. Die harte Trennung besteht darin, daß das Zweitstimmenergebnis nur auf die Verteilung innerhalb der 299 „Listenplätze“ Anwendung findet. Einer Föderation stünde ein solches System auch nicht schlecht zu Gesicht und so würde die Mandatszahl von 598 Sitzen nie überschritten werden. Die Erststimme wäre „Regionalstimme“ die Zweitstimme „Bundestimme“. Überlegenswert wäre dann noch, ob man – wenn man über die Legislaturperiode gesehen schon spart und vorgeblich effizienter wäre – sich nicht die Zeit nehmen sollte, die Direktmandate im Zweifel über eine Stichwahl mit einer absoluten Mehrheit versehen, in den Bundestag einziehen zu lassen. Für die „Listenmandate“ könnte man sich entscheiden, ob diese tatsächlich über eine einheitliche Bundesliste vergeben werden sollen oder über Landeslisten und ob jedes Bundesland von vorn herein einen festgelegten Anteil an Listenplätzen im Bundestag erhalten sollte und ob die Sitze pro Bundesland nur anhand der Wahlergebnisse im Bundesland oder des Gesamtergebnisses im Bund vergeben werden sollten; je nach dem, ob man die Bundesebene und mit ihr die Bundesparteien oder die Landesebenen und mit ihr die Landesparteien gestärkt sehen möchte. Wie auch immer; eine strikte Zweiteilung der Mandatsvergabe in 299 Direktmandate (Mehrheitswahlrecht) und 299 Listenmandate (Verhältniswahlrecht) fände ich in jedem Falle gerechter als die Streichung von Direktmandaten. Wir würden uns daran gewöhnen, daß das Zweitstimmenergebnis nicht die Zusammensetzung des gesamtem Bundestages widerspiegelt, sondern nur eines Teils. Das funktioniert auch in anderen Demokratien ganz gut und einige kommen sogar ganz ohne Verhältniswahl aus.

Ab hier wird´s ein wenig trockener und unnötig ausufernd:

Der Bundestag in den unterschiedlichen Varianten und mit Blick auf die Länder:

Zweitstimmenergebnis der Bundestagswahl 2017:

CDU26,8%
CSU6,2%
CDU/CSU32,9%
SPD20,5%
AfD12,6%
FDP10.7%
Die Linke9,2%
B´90/Grüne8,9%

aktuelles Wahlsystem:
(299 Direktmandate aus den Wahlkreisen, Gesamtsitzverteilung auf Basis der Zweitstimmen, daher Überhang- und ergo Ausgleichsmandate, mit 5%-Hürde)

CDU/CSU246 Mandate
SPD153 Mandate
AfD94 Mandat
FDP80 Mandate
Die Linke69 Mandate
B´90/Grüne67 Mandate
gesamt709 Mandate

Gesamt 709 Sitze

Da wir eine 5%-Hürde haben, verändern sich die Stimmanteile zu den Sitzanteilen wie folgt:

CDU 26,8% der Stimmen zu 28,2% der Sitze
CSU 6,2% der Stimmen zu 6,48% der Sitze
SPD 20,5% der Stimmen zu 21,59% der Sitze
AfD, 12,6% der Stimmen zu 13,26% der Sitze
FDP 10,7% der Stimmen zu 11,28% der Sitze
Die Linke 9,2% der Stimmen zu 9,73% der Sitze
B´90/Grüne 8,9% der Stimmen zu 9,45% der Sitze

Dies nur aufgeführt um anzudeuten, daß aufgrund der 5%-Hürde genau genommen schon jetzt die Sitzverteilung das Zweitstimmenverhältnis nicht wiedergibt.

Sitzverteilung zu Beginn der Legislaturperiode (Spätere Verschiebungen ergaben sich z.B. aus der Übernahme von Ministerämtern auf Landes- oder Europaebene, nichtangenommenen Mandaten oder Sterbefällen etc.)

Von den 246 CDU/CSU-Mandaten entfielen 231 Sitze auf Direktmandate. 15 Sitze kamen über die Landeslisten hinzu.

Von den 153 Mandate der SPD entfielen 59 Sitze auf Direktmandate, 94 kamen über die Landeslisten

Von den 94 Mandaten der AfD entfielen 3 Sitze auf Direktmandate, 91 über Landeslisten

Bei der FDP entstammen alle 80 Sitze den Landeslisten

Die Linke errang 5 Direktmndate und 64 Sitze über die Landeslisten, 69 gesamt

B´90/Grüne haben 1 Sitz über Direktmandat und 66 Sitze über Landeslisten, zusammen 67

Hier mal die rechnerische Verteilung nur aufgrund von Zweitstimmen bei 598 Sitzen ohne Überhang und Ausgleichsmandate:

CDU/CSU207
SPD129
AfD80
FDP68
Die Linke58
B´90/Grüne56

Und hier die Sitzkontingente gesamt nach Ländern (ergo mit Überhang und Ausgleichsmandaten); zum Zeitpunkt der Wah (ergo ohne Nachrücke von Listenplätzen für Direktmandatler oder Berücksichtigung von Fraktionsaustritten)

Wahl-kreiseDirektmandateListen-mandate
LandCDU/CSUSPDAfDFDPLinkeGrüneCDU/CSUSPDAfDFDPLinkeGrünegesamt
Baden-Württemberg38385916111261496
Bayern464662181412711108
Berlin1243411622432328
Brandenburg1091153524125
Bremen22411116
Hamburg615103122216
Hessen22175287664550
Mecklenburg-Vorpommern66102313116
Niedersachsen3016143656775666
Nordrhein-Westfalen6438267841515201212142
Rheinland-Pfalz15141228443337
Saarland43162111110
Sachsen161231224835238
Sachsen-Anhalt99143424123
Schleswig-Holstein11101155232326
Thüringen88143523122
gesamt299231593051410159491806466709

Alternative 1
(299 Sitze über Direktmandate, 299 Sitze über Landeslisten gemäß Zweitstimmen im Bund, mit 5%-Hürde) Die Gesamtzahl der Abgeordneten pro Bundesland ergibt sich aus dem jeweiligen Anteil der Wahlberechtigten

299 – Direktmandate:

CDU/CSU231
SPD59
AfD3
FDP
Die Linke5
B´90/Grüne1

299 – Listenmandate:

CDU/CSU103
SPD65
AfD40
FDP34
Die Linke29
B´90/Grüne28

Ergibt für die CDU/CSU insgesamt 334 Sitze und somit eine absolute Mehrheit. Mit einem anderen Wahlsystem würden man aber bestimmt auch anders wählen. Erst recht, wenn die Direktmandate über eine Stichwahl entschieden werden würden.

CDU/CSU334
SPD124
AfD43
FDP34
Linke34
Grüne29

Auf den ersten, gewohnten Blick mag es verstörend wirken, daß eine Parteienverbindung die gemäß des Zweitstimmenanteils auf Bundesebene eigentlich nur auf 207 Sitze kommen dürfte nun auf 331 Sitze kommt, mehr als im 709 Mandate starken Bundestag aktuell. Auf den zweiten Blick kann man aber ganz entspannt feststellen, daß schon heute die CDU/CSU mehr Wahlkreise gewinnt, als es das Zweitstimmenergebnis vermuten lassen würde (daher ja die Ausgleichsmandate). Der Grund mag auch darin liegen, daß für ein Direktmandat die einfache Mehrheit ausreicht und nicht die absolute Mehrheit, die im Zweifel bei einer Stichwahl gewonnen werden muß.

Alternative 2
(299 Sitze über die Direktmandate, 299 Sitze über Landeslisten, wobei die jeweiligen Landeslistenplätze nach dem Zweitstimmenergebnis des jeweiligen Landes belegt werden würden und nicht nach dem bundesweiten Zweitstimmenergebnis.)

Listen-mandate
LandCDU/CSUSPDAfDFDPLinkeGrünegesamt inkl. Direktmandate
Baden-Württemberg37146552575
Bayern46198653592
Berlin1232212224
Brandenburg103221220
Bremen31115
Hamburg72211113
Hessen2175322243
Mecklenburg-Vorpommern73111113
Niedersachsen29108332359
Nordrhein-Westfalen6422176955128
Rheinland-Pfalz1554221130
Saarland31117
Sachsen165251332
Sachsen-Anhalt93121218
Schleswig-Holstein1143111122
Thüringen93121217
gesamt2991056440343125598

Demnach sähe der gesamte Bundestag wie folgt aus:

Direktmandat(e)Listenplätz(e)gesamt
CDU/CSU231105336
SPD5964123
AfD34043
FDP3434
Die Linke53136
B´90/Grüne12526

Alternative 2, Variante 2
Die Gesamtplätze der Länder werden an die Wahlbeteiligung gekoppelt und ergeben sich aus den tatsächlich abgegebenen gültigen Stimmen in den Ländern

Ohne die Mandate pro Fraktion auszurechnen, hier nur die Gesamtsitze aus den einzelnen Ländern auf Grundlage der gültigen Stimmen 2017.

Landgesamtdirektergo Liste
Baden-Württemberg773839
Bayern954649
Berlin241212
Brandenburg19109
Bremen422
Hamburg1367
Hessen432221
Mecklenburg-Vorpommern1266
Niedersachsen603030
Nordrhein-Westfalen1276463
Rheinland-Pfalz301515
Saarland743
Sachsen321616
Sachsen-Anhalt1697
Schleswig-Holstein221111
Thüringen1789
gesamt598299299

Unterm Strich scheint aber alles nicht so ausgeklügelt wie das derzeitige System. Auf der anderen Seite soll und darf bei den Direktmandaten vom Grundsatz „gewählt ist gewählt“ nicht abgewichen werden. Eine Streichung von Direktmandaten dürfte eigentlich nicht einmal eine Überlegung wert sein. Bliebe letztendlich also nur, die Zweitstimmen für die Landeslisten tatsächlich auch nur auf die Landeslistenplätze anzuwenden und nicht auf die Gesamtzahl der zu vergebenden Sitze. Hilfreich wäre dann womöglich auch, die Direktmandate mit einer absoluten Mehrheit, also i.d.R. nach eine Stichwahl ins Parlament zu schicken… aber wie gesagt; für unsere Belange und für unsere verfassungsgemäße Ordnung und Kompetenzverteilung haben wir wohl bereits das bestmögliche Wahlsystem, also sollten wir aufhören daran rumdoktern zu wollen; manchmal ist das schon bestehende System tatsächlich richtig gut. Da sollte man keinen Populismus aus der Mitte betreiben, um die Ränder zu besänftigen; funktioniert sowieso nicht…

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Wie ein unzutreffender Gründungsmythos ein Bewußtsein stören kann


Heute, am 11. Juni 2020 wird Brandenburg 863 Jahre alt. So richtig hat das in Brandenburg niemand auf dem Schirm und jene, die daran erinnert werden, begegnen diesem Thema mit einer gewissen Vorsicht, weil die Brandenburgwerdung im kollektiven Gedächtnis irgendwie auch ein barbarischer Akt gewesen zu sein scheint. Aber ist das tatsächlich zutreffend oder lohnt es sich, einmal genauer hinzuschauen? Ich meine, es lohnt sich!

Die besagte „Blutigkeit“ der Brandenburgwerdung entpuppt sich nach Meinung nicht weniger Historiker mehr als Mythos denn als Realität. Ganz sicher war die Machtpolitik des 12. Jahrhunderts und der Jahrhunderte zuvor und danach kein Kaffeekränzchen; im Vergleich zu manch anderer „Landeswerdung“ hält die Entstehungsgeschichte Brandenburgs aber die eine der andere Besonderheit bereit, die es wert wäre Aufnahme in ein „Brandenburgbewußtsein“ zu finden.

Ein wichtiger Punkt hierfür wäre zum einen die Erkenntnis, daß es sich seinerzeit weniger um einen Kampf „Deutsche“ gegen „Slawen“ handelte, sondern vielmehr Christen gegen Heiden. Man nehme nur den sogenannten Wendenkreuzzug von 1147 an dem auch polnische, christliche Fürsten beteiligt waren. Unter dem vorgeblichen Ziel einer Christianisierung ging es hauptsächlich um ein Stück vom Kuchen in einem Gebiet, in dem sich bis dahin keine Staaten ausgebildet hatten, ein Gebiet das nach damaligem (christlichen) Verständnis Niemandsland ergo Freiwild war.

Interessant ist hierbei die Frage, warum sich dennoch eine vermeintliche besondere Blutigkeit der Ereignisse derart im kollektiven Gedächtnis festsetzen konnte? Zu beachten wäre auch, daß sich diese Einordnung nicht nur im im kollektiven Gedächtnis der Deutschen breit gemacht hat, sondern auch in dem der Polen. Und das könnte schon ein Ansatz für die Erklärung sein. Diese „Blutigkeit“ ein Gegeneinander von Slawen und „Deutschen“ gehörte seinerzeit zum Gründungsmythos zweier „moderner“ Nationalstaaten. Die Nationalbewegungen des 19. Jh. rangen nach Legitimation für ihre Ideen eines ethnisch begründeten Staatswesens, etwas, das es so bisher nicht gab. Zuweisungen wie „unerschrocken, siegriech, überlegen“ oder eben „tapfer gegen eine brutale Übermacht verteidigend“ speisten so auch das jeweilige (deutsche, polnische) Nationalbewußtsein. Für die Legitimation des jeweiligen Nationalstaates war es einfach hilfreich in solch stereotypen Kategorien zu denken. Stereotypes Denken ist ja bis heute auch wesentlicher Bestandteil von Nationalismus und Chauvinismus.

Ein Hinweis dafür, daß an dieser These etwas dran sein könnte, zeigt der Vergleich mit analogen Ereignissen, die aber im kollektiven Gedächtnis keines Nationalstaates irgendeine Rolle spielen, die, wie es scheint, überhaupt nicht in diese Richtung bewertet werden. Man schaue da zum Beispiel auf das Ende des 8. Jh. und die Christianisierung der Sachsen. Die Sachsen lebten vornehmlich im heutigen Nordwesten Deutschlands, grob umrissen auf dem Gebiet, das heute als Bundesland Niedersachsen in Erscheinung tritt. Schon die Bezeichnung „Christianisierung der Sachsen“ erweckt den Eindruck, daß es sich hierbei um etwas ganz anderes handeln könnte als bei den Geschehnissen der „Ostkolonisation“ jenseits der Elbe einige hundert Jahre später. Ich meine, daß das eigentlich falsch ist. Im Grunde geschah in den „Sachsenkriegen“ Karls des Großen am Ende des 8. Jh zwischen Franken und Sachsen durchaus Vergleichbares, wenn nicht sogar genau das Gleiche wie später jenseits der Elbe.

Damals waren es staatenbildende, christianisierte Franken die unter Karl dem Großen nicht staatenbildende, in Stammesverbänden lebende heidnische Sachsen bekämpften und auch christianisierten. Auch hier wurde – nicht anders als zunächst im späteren Brandenburg – brutal und blutig gegen die Stammeseliten vorgegangen; die „einfache Bevölkerung“ geriet wie auch später in Brandenburg unter Assimilations- bzw. Integrationsdruck. Da sich aber beide Gebiete, das der Franken als Königreich und das der Sachsen als Stammesgebiet, später in den relevanten Teilen auf dem selben „Hoheitsgebiet“ befanden, taugen die Sachsenkriege nicht für irgendeinen Gründungsmythos.

An dieser Stelle möchte ich also festhalten, daß man durchaus der Auffassung sein kann, daß die Anfänge der Brandenburgwerdung unter lediglich bereits zuvor erfolgreich erprobten Vorgehensweisen und üblichen Mitteln der Konfliktlösung der damaligen Zeit erfolgten.

Was ist nun das Besondere, das Andere rund um die Geschehnisse des 11. Juni 1157?

Nun, sämtliche Versuche seit dem 10. Jh., die staatenlosen Gebiete zwischen Elbe und Oder/Weichsel zu christianiseren und dauerhaft in ein christliches Herrschergefüge einzubinden scheiterten. Also versuchte es Albrecht der Bär mit Annäherung. Auf dem Brandenburger Thron, von dem aus das slawische Hevellergebiet regiert wurde, saß seinerzeit ein gewisser Meinfried. Bei Meinfried dürfte es sich um einen christlichen Taufnamen handeln, der slawische Geburtsname Meinfrieds ist nicht bekannt. „Meinfried“ ist aber auch ein Hinweis auf eine mögliche Verbindung zum Erzstift Magdeburg. Es kann die Vermutung angestellt werden, daß der damalige Magdeburger Burggraf Meinfried der Taufpate des Hevellerfürsten gewesen sein könnte. Unter dieser Annahme ist es dann auch schlüssig, warum Albrecht dem Bruder Meinfrieds, dem ebenfalls schon christlichen Pribislaw-Heinrich im Jahre 1127 zum Thron der Brandenburg verhalf. Das mächtige Erzstift Magdeburg stand Albrechts eigenen Ambitionen im Wege, also war es für ihn hilfreich einen ihm wohlgesinnten Herrscher auf der Brandenburg zu wissen. Zum Dank machte Pribislaw-Heinrich Albrechts Sohn Otto die Zauche (im Grunde der Norden des heutigen Kreises Potsdam Mittelmark westlich der Nuthe) zum Taufgeschenk. Beide „slawisch-deutsche“ Verbindungen, die Meinfrieds mit Magdeburg und die Pribislaw-Heinrichs mit Albrecht deuten übrigens auch wieder darauf hin, daß es lediglich um Machterhalt und Machtaufbau ging und nicht um „deutsch“ gegen slawisch. Für Pribislaw-Heinrich wird sogar eine vorübergehende (Unter)Königswürde angenommen, verliehen von Lothar III. König, später Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Auch dies ein Hinweis darauf, daß sich die Geschehnisse nicht unter „Slawen gegen Deutsche“ zusammenfassen lassen.

Da Pribislaw-Heinrich und seine Frau Petrissa kinderlos waren und blieben, bestimmte Pribislaw-Heinrich seinen Freund und Nachbarn Albrecht wohl schon in der 2. Hälfte der 1120er Jahre zum Erben der Brandenburg und des Hevellerreiches. Als Pribislaw-Heinrich 1150 starb ging die Burg und das Hevellerfürstentum an Albrecht den Bären, ganz friedlich und rechtmäßig. Der (vermutliche) Schwager Pribislaw-Heinrichs, Jaxa von Köpenick, ebenfalls slawischer Christ fühlte sich in der Erbfolge übergangen und eignete sich, wahrscheinlich im Frühjahr 1157 nach Bestechung der slawisch-sächsischen Burgbesatzung in Abwesenheit Albrechts die Brandenburg an. Wenige Monate später belagerte Albrecht der Bär seine Burg und konnte sie am 11. Juni 1157 zurückerobern. Ja, es war ein Kampf und Kämpfe waren blutig, aber sie waren seinerzeit nunmal das übliche Mittel mit welchem in ganz Europa Politik betrieben wurde und daher nicht geeignet sie als exklusiven Makel der Entstehung Brandenburgs zu werten. Im Übrigen gibt es eine Vielzahl Historiker, die auch die in mittelalterlichen Annalen und Chroniken beschriebene Blutigkeit bei der (christlichen) „Eroberung“ des Wendenlandes zwischen Elbe und Oder nicht auf die Geschehnisse rund um Albrecht bezogen sehen wollen, sondern auf die gescheiterten Versuche mit rein kriegerischen Mitteln in den Dekaden zuvor. Zudem darf auch unterstellt werden, daß eine heroisierende Beschreibung unter Hinweis auf hohen Blutzoll die Tapferkeit und Frömmigkeit der jeweiligen Heerführer unterstreichen sollte.

Was an der Brandenbrugwerdung ist nun das, was ich als geeignet für einen Bestandteil des modernes Brandenburgbewußtseins erachte?

Der Erfolg Albrecht des Bären, unseres ersten Markgrafen, in Sachen Brandenburg ist also einer für die damaligen Verhältnisse ausgesprochen diplomatischen und, ja, auch friedlichen Vorgehensweise geschuldet. Auch die weiteren Ereignisse lassen es zu, mit Wohlwollen auf die Geschehnisse zu blicken. Natürlich immer im Kontext der Zeit und nicht aus heutiger Sicht rückwirkend projizierend. Die sächsische und wendische Kultur vermischte sich vielerorts. Archäologische Töpferfunde belegen die Verschmelzung von Techniken und Gestaltungsformen. Ortsnamen die slawischen Ursprungs sind belegen bis heute, daß es sich keineswegs um ein Ausradieren slawischer Kultur gehandelt haben wird. Der Münzfund von Michendorf aus dem Jahre 1880, der aus 1797 Münzen, geprägt zwischen 1140 und 1184 zeigt die Köpfe von Pribislaw-Heinrich, Petrissa und Albrecht. Auch dies ein Beleg für ein grundsätzlich friedliches Miteinander vor und nach 1157

Von Beginn an war Brandenburg ein kultureller Schmelztiegel. Bis in die preußische Zeit hinein siedelten sich hier Menschen auf der Suche nach Zuflucht, einem besseren Leben oder einfach nur nach neuen Möglichkeiten an, sprachen viele Sprachen, pflegten ihre alten Bräuche und verwoben alles zu dem, was man heute als brandenburgisch bezeichnen könnte. Dies ist durchaus geeigneter Stoff für einen Gründungsmythos, für eine regionle Identität und für eine daraus resultierende gern gelebte Tradition. Apropos „siedeln“: Die Bezeichnung „Ostkolonisation“ für die Vorgänge im Mittelalter hat sich erst in einer Zeit durchgesetzt (Mitte des 20. Jh.), als man die negativen Wertungsmöglichkeiten zu den Vorgängen besonders betonen wollte. Zuvor war meist von Ostsiedlung die Rede.

Mit dem Aufkommen der Nationalbewegungen, der Betonung alles „Deutschen“ war Brandenburgs Genese zunächt etwas ausgesprochen Heroisches, heute würde man sagen etwas Deutschtümelndes. Später mit veränderter Sicht und verändertem Zeitgeist – aber aus den gleichen Gründen – wurde die Genese zu einem Makel und wird daher bis heute anhaltend nicht mehr gepflegt. Die zugrunde liegenden Annahmen dürften aber, wie hier versucht darzustellen, in beiden Fällen falsch sein.

Ich möchte also, daß wir Brandenburger uns darauf besinnen, daß wir schon immer Verbindungsglied zischen Ost und West waren, schon immer mit Einwanderung umzugehen wußten, „Nationalität“ im heutigen Sinne zur Gründung und die meiste Zeit der Existenz Brandenburgs keine Rolle spielte und Vielfalt das ist, was uns zu dem machte was wir einst waren und vielleicht wieder sein können und wollen. Aufgeschlossene, selbstbewußte Brandenburger. Wir sollten auch ruhig damit kokettieren, daß wir Brandenburger wohl zu den am „wenigsten deutschen“ Bestandteilen im Bundesgefüge gehören. Na und? Wie der aufrechte Bayer behauptet, daß er nicht deutsch sondern bayrisch sei, gibt auch unsere Geschichte her zu betonen, daß wir hauptsächlich brandenburgisch wären.

Also abschließend: Die eigentliche Brandenburgwerdung geschah weit weniger blutig als ursprünglich von Nationalisten aus reinem Kalkül dargestellt. Wir sollten auf unsere eigene Genese mit einem gewissen Wohlwollen schauen und gerade die nicht von der Hand zu weisenden integrativen Momente in der Entstehung unseres Landes als einen wesentlichen Bestandteil eines „historisch“ gewachsenen, aber leider oft gestörten, Charakterzuges von uns Brandenburgern pflegen. Brandenburgs Entstehungsgeschichte verlief letztendlich nicht blutiger, tatsächlich aber wohl unblutiger als die Entstehung manch anderer historischen Landschaft. Daher ist eine Scheu vor dem begehen eines exponierten Datums wie den 11. Juni eigentlich unangebracht. Wir sind und bleiben die sympathischste Promenadenmischung der Bundesrepublik!

Mehr Brandenburg wagen!

Anmerkung am Rande zum angeblichen „slawisch-deutschen“ Gegeneinander: Auch im erwähnten Wendenkreuzzug von 1147 kämpften „deutsche“ und „polnische“ Fürsten gegen die heidnischen Wenden. 10 Jahre später, 1157 zog Kaiser Friedrich Barbarossa gegen einen Nachfolger dieser Fürsten, Bolesław, zu Felde. Aber auch in diesem Falle nicht, weil er Slawe war und Barbarossa „scharf auf neues Land“ gewesen wäre, sondern weil Bolesław die bisher üblichen Tributzahlungen, die jeder Fürst und Unterkönig an den Kaiser zu leisten hatte verweigerte. In diesem Zusammenhang zumindest erwähnenswert, daß der Überfall Nazideutschlands auf die Sowjetunion den Decknamen „Barbarossa“ trug. In beiden Fällen 1157 und 1941 wurde ein slawischer, ehemaliger Verbündeter angegriffen mit dem man zuvor ein gemeinsames Interesse an der Landmasse zwischen den eigenen Reichen teilte; 1157 das Land zwischen Elbe und Oder, 1939-1941 das junge, neue Polen. 1941 ging es dann anders als 1157 wirklich um Vernichtung und Landgewinn, dieser Unterschied fiel aber nicht ins Gewicht, da die weiter oben angedeuteten nationalistische Umdeutung der Geschehnisse hin zu einem Gegeneinander von Slawen und Deutschen schon Früchte trug, ja vollends wirkte und die Namensgebung für diesen Überfall nun diesen Vergleich zuließ.

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Gebietsreformen und so…..

Groß….! Ja Groß-was eigentlich? Großirgendwas?

Ursprünglich als Replik auf einen Facebook-Post auf den Seiten von „Volt Deutschland“ gedacht, aufgrund der dann doch Facebook-untypischen Länge hier als Beitrag an dessen Ende meine Begeisterung für eine Europäische Republik der Regionen mit mir durchgegangen sein wird, was anhand der heute noch vollkommen utopisch wirkenden Gebietsreformvorschläge leicht zu erkennen ist. Bin halt schon in einer möglichen Zukunft…. oder im Wahn…

Es geht um das Thema Länderfusion. Grundlage ist zwar ein schon älterer Artikel (aus 2013), aber das Thema Effizienz etc. kommt ja immer wieder in verschiedener Gestalt (z.B. Bundestagsverkleinerung) aufs Tableau.

Hier der verlinkte Artikel aus dem Post: https://www.welt.de/politik/deutschland/article118836072/Der-Osten-streitet-ueber-Mitteldeutschland.html

Von Länderfusionen halte ich so ziemlich gar nichts.
Die Frage ist doch: Wo möchte ich am Ende hin? Wie paßt das zur restlichen politischen Agenda, auf der ja auch Europa ein Thema ist. Meine Antwort: Ich möchte es noch erleben, in einer föderalen Europäischen Republik der Regionen zu leben. Das wäre meine Europavision, die ich propagiere und unterstütze. Föderationssubjekte wären für dieses Europa die jeweiligen Regionen. Aber nicht irgendwelche künstlichen Zusammenschnitte, sondern eher Regionen, die historisch belegt sind und somit auch eine charmante Identität zulassen. Ich erinnere an den Ausspruch Robert Menasses „Nation ist Fiktion, Region ist Heimat“ Die meisten Nationen sind gekünstelten Zusammenschnitts und benötigen daher irgendwelche schwer beherrsch- und steuerbaren Etikette für ihre „Identitätspflege“. Das Ergebnis haben wir dann seit dem Ende des 19. Jh. beobachten können und erleben leider auch heute wieder, daß Europa nicht so recht ankommt.
Das Beharren auf dem Nationalen steht dem Öffnen für das Europäische im Wege. Was hat das mit dem vorgeschlagenem Ländermodell zu tun?
Nun folgendes: Dem Modell liegt der vermeintliche Zwang zur Rationalisierung und Effizienzsteigerung zu Grunde. Ich halte das für ein risikobeladenes Argument. Mag sein, daß ein Großbundesland Geld in der Verwaltung spart, aber man spart dort an einer gefährlichen Stelle. Voran, ob das nun gefällt oder nicht: Viele Menschen – ich auch – brauchen Identität. Und da gibt es einige Identitäten zur Auswahl von charmant bis häßlich, unser Tun und Handeln bestimmt in welche Richtung es geht. Ob Kreis- oder Länderreformen, das Schaffen von großen Verwaltungseinheiten birgt die Gefahr von Identitätsverlust auf der charmanten Ebene. Und dieser Identitätsverlust stärkt die politischen Ränder und führt zu einer Identität auf der eher häßlichen Ebene. Verlinkter Artikel der empfehlenswerten Monatsschrift „Kommunal“ äußert sich kurz dazu, und ich meine der Autor hat damit Recht.


Auch die letzten Regionalwahlen in Frankreich im Jahre 2015 belegen diese These. Frankreich hat unzählige Verwaltungsreformen hinter sich und mit jeder wurden historische Gebiete verstümmelt, auseinandergerissen und bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Im ersten Wahlgang hatte für Gesamt-Frankreich der Front National die Nase vorn. Im zweiten Wahlgang hat dann taktisches Wahlverhalten den Siegeszug der Rechtsextremen verhindert. Dennoch zeigt der erste Wahlgang die tatsächliche Stimmung im Lande. Lediglich dort, wo es noch starke regionale Identitäten gibt, hat der Front National nicht gewinnen bzw. nicht so deutlich gewinnen können. Zur Überprüfung dieser Aussage muß man aufgrund der Folgen der Gebietsreformen oft auf die Kommunalebenen gehen und die einzelnen Ergebnisse dann addieren, um das korrekt Bild zu erhalten. Regionen mit starker regionaler Identität in Frankreich sind z.B. die Normandie, die Bretagne, das Elsass oder auch Teile Okzitaniens etc.; aber das führt hier zu weit
Gebietsreformen haben oft zur Folge – so die, wie ich finde, zutreffende These – daß sich viele Menschen für ihre Identität dann der nächsthöheren Ebene zuwenden und die ist dann oft die nationale. Naja, und wie eingangs angedeutet, steht diese einer europäischen Integration massiv im Wege.

Wie in einigen Beiträgen auf dieser Seite schon behauptet: Wir müssen regionaler werden, um europäischer werden zu können!


Aber, ich meine es gibt durchaus Gebietsreformen, die sinnvoll sind. Allerdings nicht in Form von Fusion, sondern eher in Form von Dismembration oder in einigen Fällen lediglich als Neugestaltung unter Berücksichtigung der Historie aus vornationaler (!) Zeit. Und alles immer mit dem Blick auf eine funktionsfähige, föderale, subsidiäre Europäische Republik der Regionen. Ganz allgemein wird angenommen, daß eine „überlebensfähige“ Region in einer solchen Republik, ganz unabhängig von ihrer historischen Genese in etwa die Größe der statistischen Regionen auf der Ebene NUTS1 bzw. NUTS2 besitzen müßte und zwischen 2 und 10 Millionen Einwohner haben sollte. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel; es gibt Staaten die sich auf NUTS3 befinden und funktionieren. Und wer sich Europa so anschaut, kann feststellen, daß sich das bewerkstelligen ließe. Nachfolgend mal nur so eine Idee, als Diskussionsgrundlage. Allerdings könnte die an einigen Stellen, wenn man noch ans nationale Denken gewohnt ist, auf verschiedenen Seiten aus unterschiedlichen Gründen zu Schnappatmung führen. Auf Rechts mal aus Freude, mal aus Verärgerung – weil man es nicht verstanden hat, auf Links meist aus Verärgerung – aber auch, weil man es nicht verstanden hat.

Eine Europäische Republik der Regionen funktioniert nur, wenn wir uns gänzlich von nationalen Denken verabschieden.

Auch hier noch einmal der Einwurf: Wir müssen regionaler werden, um europäischer werden zu können!

Dann könnte ein Vorschlag für die Regionen dieser Republik für das Gebiet, das vormals größtenteils die Bundesrepublik war, so lauten:

Die Stadtstaaten

1+2 Hamburg und Bremen
bleiben der Tradition folgend und wenn sie es wollen Freie Hansestädte

3 Berlin
irgendwie auch (auch wenn es nicht will 😂 )

4. Lübeck
historisch korrekt wäre ja, wenn auch der quasi Geburtsort der Hanse wieder frei wäre.

1937 verlor Lübeck durch Gebietstausch gemäß des Groß-Hamburg-Gesetzes, welches dem NS-Interesse zur Gleichschaltung der deutschen Länder folgte, nach 711 Jahren seine Eigenständigkeit und wurde der preußischen Provinz Schleswig-Holstein eingegliedert. Nach dem 2. Weltkrieg unternommene Versuche, die Eigenständigkeit Lübecks wieder herzustellen scheiterten final mit einer Bundesverfassungsgerichtsentscheidung 1956. (Info am Rande: Getauscht wurde u.a. weil nach diesem Gesetz das seit einiger Zeit preußische, ehemals dänische Altona auch zu Hamburg kam)

Die Bindestrichländer

Die meisten Bindestrichländer sind Gebilde der jüngsten Vergangenheit ohne historische Grundlage, oft Ergebnis willkürlicher Grenzziehungen gemäß der Besatzungszonen nach dem Zweiten Weltkrieg und anschließender Verwaltungsakte.


„Gekünstelte Länder:“
Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz

Baden-Württemberg könnte in seine Bestandteile entlassen werden
5. Baden

6. Württemberg

Mecklenburg-Vorpommern
könnte zunächst auch in seine Bestandteile entlassen werden. Mecklenburg bleibt eigenständig

7. Mecklenburg

Vorpommern vereinigt sich mit der polnischen Wojwodschaft Zachodnipomorskie (Westpommern) und Teilen der Wojwodschaft Pomorskie (Pommern) zu Pommorskie/Pommern (hier bekommt der geneigte Nationalist nun Schnappatmung – wenn er von Haus aus deutsch spricht aus Verärgerung bei polnisch vor Freude, beide lägen daneben, – deswegen sollte man vielleicht noch nicht erwähnen, daß Regierungs-/Verwaltungssitz/Hauptstadt womöglich Szczecin/Stettin wäre 😎)

8. Pommern

Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz
Historisch gibt es da einige Varianten, die vielleicht naheliegende wäre

9. Rheinland
aus den rheinischen Teilen NRWs und den Gebieten nördlich der Pfalz

10. die Pfalz
kann es immernoch mit dem Saarland aufnehmen 😊

11. Westfalen

Natürlich nicht ganz ohne Historie aber trotzdem diskussionswürdig: Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt

Schleswig-Holstein
Auch wenn Schleswig-Holstein das Motto „Up ewig ungedeelt“ hat, ist die Geschichte so vielfältig und wechselhaft und dadurch auch ausgesprochen interessant, daß man schon einige Zeit benötigt, um geordnet durchzublicken. Sicher kann man aber wohl sagen, daß der heutige Leitspruch SHs, sowohl vor dem Vertrag von Ripen/Ribe (1460) als auch danach – dort hat er seinen Urprung – weder so gemeint war, wie er heute gern präsentiert wird, noch lange galt. Für Schleswig-Holstein wäre zunächst vielleicht zu überlegen, sich auf die Herzogtümer Schleswig und Holstein zu besinnen. Abzüglich des Kreises Nordfriesland, welcher in Teilen oder komplett mit den anderen friesischen gebieten eine eigenständige Region werden könnte. Fraglich wäre daher ob dieses nur dünn besiedelte Schleswig dann aus pragmatischen Gründen nicht auch ein Teil einer Gesamtregion Jütland (inkl. Fünen) werden könnte.

12. Holstein
inklusive des nordelbischen Teils des historischen Herzogtums Sachsen-Lauenburg

13. Schleswig/Jütland
das „deutsche“ Südschleswig und das „dänische“ Nordschleswig werden zu Schleswig.
Nicht dänisch, nicht deutsch – nur Schleswig, mit jeder Menge Amtssprachen oder eben Jütland

Und da Geschichte nicht stehen bleibt, könnte es auch folgende europäische Region geben

14. Friesland(e)
heute noch Teil der Niederlande, Niedersachsens und Schleswig-Holsteins


Sachsen-Anhalt
Auch bei Sachsen-Anhalt (von 1815-1945 preußische Provinz Sachsen) gibt es verschiedene Betrachtungsmöglichkeiten, ein sogar recht kniffliger Fall. Als Brandenburger sollte uns aber klar sein, daß die Altmark zu uns gehört (und nicht zu Ostfalen 😊). Die Altmark entspricht heut grob dem Landkreis Stendal und dem Altmarkkreis Salzwedel. Der Rest des Landes könnte Anhalt bleiben oder sich wieder mit Sachsen vereinen. Oder der eine oder andere Landstrich, z.B. Kreis Börde, kommt dann doch zu Ostfalen.

15. Anhalt

Der Rest
Niedersachsen, Hessen, Bayern, Thüringen, Sachsen, Saarland, Brandenburg

Niedersachsen
Das Überbleibsel des historischen Stammesherzogtums Sachsen könnte in die verbliebenen, historischen Landesteile Engern und Ostfalen entlassen werden und steuert im Norden einen Teil zu Friesland (13.) bei. Der 3. historische Landesteil des Stammesherzogtums Sachsen, Westfalen (10.), gehört derzeit zu NRW

16. Engern

17. Ostfalen


Hessen
18. Hessen

Bayern
Bayern dismembriert zu Bayern und Franken; der Regierungsbezirk Schwaben müßte entscheiden, ob er sich Württemberg (5.) wieder anschließt, eigene Region bleibt/wird oder eine andere pragmatische Lösung favorisiert.

19. Franken

20. Bayern


Thüringen
21. Thüringen

Sachsen
22. Sachsen

Saarland
auch viel Geschichte und viele Möglichkeiten, aber zunächst erst mal:
23. Saarland

last but not least
Brandenburg
Berlin bleibt – obwohl größte märkische Stadt – was es ist. Überlegenswert wäre eventuell eine Region Lausitz (gibt sowohl einige Pros und Contras, hier erstmal Contra) Und wenn sich alle vom nationalen Denken erfolgreich verabschiedet haben, irgendwann; könnte die polnische Wojewodschaft Lebus als ursprüngliche Neumark über ein Zusammengehen in einer Europaregion nachdenken, wenn sie möchte.

24. Brandenburg

Final: Wir müssen regionaler werden, um europäischer werden zu können!
Da helfen ganz sicher keine künstlichen Großverwaltungseinheiten ohne Seele!


Die genannten Regionen mit Seele zusammengefaßt (Reihenfolge, wie im Text)
Kursive Regionen würden nach heutigen (nationalen) Maßstäben, „grenzübergreifend“ sein:

  Region km² Ew. in Mio Verwaltungsitz/
Hauptsstadt
1. Hamburg 755,22 ~1,9
2. Bremen 325,56 ~0,6
3. Berlin 891,68 ~3,7
4. Lübeck 214,21 ~0,22
5. Baden ~15.000 ~4,7 Karlsruhe
6. Württemberg ~30.992 ~8,3 Stuttgart
7. Mecklenburg ~16.200 ~1,15 Schwerin
8. Pommern ~48.100 ~4,35 Szczecin
Stettin
9. Rheinland ~27.175 ~12,2 Köln
10. Pfalz ~5.335 ~1,5 Neustadt an der Weinstraße, historisch – oder Ludwigshafen, pragmatisch
11. Westfalen ~21.453 ~8,3 Münster
12. Holstein ~10.000 ~2,1 Kiel
13. Schleswig
oder
Jütland
~7.600

 

~36.802

~0,75

 

~3,6

Schleswig, hist-
Flensbborg, prag.

Vejle, prag.
14. Friesland(e) ~10.649 ~1,6 Aurich, pragmatisch
15. Anhalt ~15.735 ~2,0 Dessau
16. Engern      
17. Ostfalen      
18. Hessen ~21.115 ~6,3 Wiesbaden
19. Franken ~23.004 ~4,2 Nürnberg
20. Bayern ~37.545 ~7,0 München
21. Thüringen ~16.173 ~2,1 Erfurt
22. Sachsen ~18.450 ~4,1 Dresden
23. Saarland ~2.570 ~0,99 Saarbrücken
24. Brandenburg oder
Brandenburg
~34.370

 

~48.358

~2,7

 

~3,7

Potsdam
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Brandenburg und das Oktoberfest

Man könnte sich fragen, warum man in Brandenburg das bayerische Oktoberfest feiert, handelt es sich doch um eine Tradition zu Ehren der Verlobung des damaligen Kronprinzen von Bayern, Ludwig von Bayern (der spätere Ludwig I) mit Therese Charlotte Luise Friederike Amalie von Sachsen-Hildburghausen.

Da es schwierig ist zu glauben, daß man ein traditionelles Fest ohne Tradition, also grundlos begeht, muß es da doch eine Verbindung geben, oder? Und siehe da: Ohne uns Brandenburger würde es auch kein Oktoberfest geben. Und das hat nichts mit der eher kurzen Zeit der Herrschaft der Wittelsbacher in Brandenburg zu tun (1323-1373, 3 Markgrafen) – wir erinnern uns: Der letzte Wittelsbacher auf Brandenburgs „Thron“ hatte den schönen Beinamen „der Faule“. Nein, das, was uns Brandenburger mit dem Oktoberfest verbindet greift nicht ganz so weit in die Vergangenheit zurück. Des Rätsels Lösung liegt in der Genealogie des Brautpaares.

Der Bräutigam:

Ludwig von Bayern (1786-1868) war Sohn von

Maximilian I. Joseph von Bayern (1756-1825), König von Bayern, Sohn von

Maria Franziska von Pfalz-Sulzbach (1724-1794), Tochter von

Elisabeth Auguste Sofie von der Pfalz (1693-1728), Tochter von

(Prinzessin) Luise Charlotte Radziwill (1667-1695), Tochter von

(Fürst/Herzog) Bogusław Radziwiłł (1620-1669), Sohn von

Elisabeth Sophie von Brandenburg (1589-1629) Tochter von „tada“

Markgraf und Kurfürst Johann Georg von Brandenburg (1525-1598), ein Hohenzoller

Unser Markgraf und Kurfürst Johann Georg ist also der

Ur-ur-ur-ur-urgroßvater (5 x „Ur“)

von Ludwig von Bayern. Ergo: Ohne den Brandenburger Markgrafen Johann Georg auch kein Ludwig von Bayern!

…..aber das ist noch nicht alles.

Die Braut:

Therese Charlotte Luise Friederike Amalie von Sachsen-Hildburghausen. (1792-1854) war die Tochter von

(Herzog) Friedrich von Sachsen-Hildburghausen (1763-1834), Sohn von

Ernestine Auguste Sophie von Sachsen-Weimar-Eisenach (1740-1786), Tochter von

Sophie Charlotte von Brandenburg-Bayreuth (1713-1747), Nachtijall, ick hör dir trapsen, Tochter von

Georg Friedrich Karl von Brandenburg(-Kulmbach)-Bayreuth (1688-1753), Sohn von

Christian Heinrich von Brandenburg-Kulmbach (1661-1708), Sohn von

Georg Albrecht von Brandenburg-Kulmbach (1619-1666), Sohn von

Christian von Brandenburg-Bayreuth (1581-1655) Sohn von „tada“

Markgraf und Kurfürst Johann Georg von Brandenburg (1525-1598)

Unser Markgraf und Kurfürst Johann Georg ist also der

Ur-ur-ur-ur-ur-urgroßvater (6 x „Ur“)

von Therese Charlotte Luise Friederike Amalie von Sachsen-Hildburghausen. Ergo: Ohne den Brandenburger Markgrafen Johann Georg auch keine Therese Charlotte!

Tja, und ohne Therese Charlotte und Ludwig auch kein Oktoberfest. Wie viele Brandenburger Markgrafen benötigt man für die Erstellung eines bayerischen Thronfolgerpaares? Richtig! Einen! 😉

Ein Hoch auf Johann Georg von Brandenburg! Mit diesem Wissen dürfen es also durchaus auch wieder schöne Oktoberfeste hier in Brandenburg werden; vielleicht sollten wir Brandenburger diesem Fest jedoch einen Beinamen geben „Markgraf-Johann-Georg-Fest“ oder nur „Johann-Georg-Fest“. So daß es mal heißen könnte: „Das Oktoberfest, in Brandenburg auch bekannt als Johann-Georg-Fest….“. Naja, und Erntedank sowie Schlachtefeste kann man ja zusätzlich trotzdem feiern; dann mir Brandenburger Bieren, mit Produkten des örtlichen Bäckers und Fleischers sowie in Rot-Weiß statt in Weiß-Blau….

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Heimat

Nachfolgend einige Gedanken zum Heimatbegriff. Ursprünglich war das mein Kommentar zu einem verlinkten Artikel der Landeszentrale für politische Bildung des Landes Brandenburgs auf Facebook. Verlinkt wurde dieser Artikel: Unsere Heimaten

Den Kommentar habe ich dann dort aber wegen seiner FB-untypischen Länger wieder gelöscht und lediglich hierher verlinkt.

Eingeleitet wurde der Artikel „Unsere Heinaten“ so:

„Was ist das eigentlich, Heimat? Damit die Heimat eine Zukunft haben kann, muss sie aus dem engen Korsett der Herkunft befreit werden, meint Jutta Allmendinger „

Mein Kommentar:

„Damit die Heimat eine Zukunft haben kann, muss sie aus dem engen Korsett der Herkunft befreit werden, meint Jutta Allmendinger“ – Dem stimme ich hundertprozentig zu, halte aber den dazu verlinkten Text für nicht hilfreich, eher kontraproduktiv.

Im Artikel werden meiner Meinung nach gleich zwei beliebte Kardinalfehler begangen.
Zum einen wird der Ursprung des „herkunftsbezogenen“ Heimatgefühls falsch verortet. Dieser lag nicht in der Nazizeit. Der auch aus meiner Sicht „falsche“ Heimatbegriff trug dazu bei, den Nationalsozialismus zu ermöglichen. Die Nazis trieben es dann nur auf die Spitze.

Dieser Heimatbegriff hat seinen Ursprung in der Mitte des 19. Jh. Damals wuchs in ganz Europa das nationale Denken. Das war sogar etwas durchaus fortschrittliches. Es führte letztendlich zum Ende des Absolutismus in Europa und zu einer gewissen Demokratisierung und auf dem Gebiet, das heute als Deutschland bezeichnet wird zur Reichseinigung 1871. Aus dieser Zeit stammt der heutige Heimatbegriff und wurde dann aber rechtbald häßlich, da er sich eben auch hervorragend zur Manipulation und Steuerung für die Intressen einiger Weniger eignete, und den Bürger zu willigen Handlangern, voll falschen patriotischen Feuers degradierte. Dies gelang, weil dieser neue Heimatbegriff eben nur von künstlichen, quasi frei konfigurierbaren Etiketten ohne tatsächlichen Bezug zum vor Ort Greif- und Begreifbaren definiert wurde.

Für den zweiten Fehler halte ich die Zuordnung von Affinitäten unter die Überschriften „bildungsreich“ und „bildungsarm“. Dies folgt im Grunde dem gleichen Schema, wie das aufkommen des kritisierten Heimatbegriffs im 19. Jh. Als modern und gebildet galt, wer national dachte. Die „Bauern“ auf dem Lande, welche statt Hochdeutsch ihre Mundart pflegten und denen ihre Scholle näher war als die Idee eines geeinten Deutschen Reiches, waren das dumme Pack. So ist also nicht auszuschließen, daß einige sich ihren Heimatbegriff weniger aus Überzeugung, sondern vielmehr als Beweis für die vermeintliche Zugehörigkeit zu einer besseren Schicht aneigneten. Man war auf der Seite der Fortschrittlichen, keiner möchte gern altbacken oder ungebildet wirken.

Jemand der heute einen Abschluß in einem lukrativen Studiengang erlangt, mag intelligent, schlau und gut strukturiert sein sowie bei entsprechender Anstellung dann auch zur wirtschaftlichen Oberschicht gehören; aber dies hat etwas mit Ausbildung zu tun, ist aber noch nicht das, was Bildung eigentlich ausdrückt.

Wenn man Menschen in dieser Frage also mit den eigentlich an dieser Stelle falsch verwendeten Begriffen als „bildungsreich“ und „bildungsarm“ klassifiziert, verhärtet man Fronten, anstatt eine diese aufzuweichen befähigte Erklärung der Umstände abzugeben. Es ist überflüssig und schadet nur, also lassen wir das. In bestimmten Schichten sind bestimmte Bekenntnisse einfach eher opportun, daher werden sie vornehmlich abgegeben, nicht zwingend aus Überzeugung, „oben“ wie „unten“ – meine ich zumindest.

Gerade wir Brandenburger können auf einer Historie zurückblicken, die dem geforderten Heimatbegriff viel näher ist, als es viele Brandenburger bisher wahrhaben wollen. Wir sind seit jeher ein Einwanderungsland, eine bunte Promenadenmischung aus Menschen aller Herren Länder. Diese Einwanderer wurden über die Region in der sie lebten miteinander verbunden und somit zu Brandenburgern. Daß „jeder nach seiner Facon“ selig werden solle, mag zuerst vom Alten Fritz überliefert sein, ist aber im Prinzip schon deutlich länger Maxime dieses Landstrichs und auch etwas, mit dem man identitätsstiftend arbeiten könnte.

Brandenburger, später dann auch Preuße, wurde man schon immer nicht nur durch Geburt, sondern auch durch Bekenntnis. Das ist etwas, das der herkunftsbezogene Heimatbegriff überhaupt nicht zuläßt. Zu diesem Selbstbewußtsein gehört dann in letzter Konsequenz aber auch, daß allein schon aus den Ursprüngen und der Ableitung des jeweiligen Heimatbegriffes nachstehende Aussage überhaupt nicht diskriminierend ist, sondern eher die Lösung eines gedanklichen Knotens:

Kann jemand, der, egal woher, hier her kommt, sei es durch Einwanderung oder aufgrund von Asyl, Deutscher werden? Nein, das verbietet schon der dem „Deutschsein“ zugrunde liegende Heimatbegriff! Kann er Brandenburger, werden? Ja selbstverständlich, wenn er es möchte!
Ich halte es für zum Scheitern verurteilt, wenn man versucht sich weiterhin an nationalstaatliche Begriffe zu klammern und diese lediglich neu definieren möchte. Das wird bei Menschen, die von diesen Begriffen nicht ablassen wollen immer zu Widersprüchen führen. Es ist der Versuch einen Löwen zum Vegetarier zu machen. Das mag eine zeitlang gut gehen, aber dann bricht irgendwann das Verlangen nach Fleisch wieder aus. Also lösen wir uns von diesen Begriffen und etablieren dafür einen Heimatbegriff in dem die nationale Ebene nur noch Verwaltungseinheit ist aber keine sinnstiftende Rolle mehr spielt. „Nation ist Fiktion – Region ist Heimat“.

Auch eine weitere, beliebte Erscheinung sollten wir auf den Müllhaufen des Diskurs´ werfen. Die reflexartige Empörung, wenn jemand der anders aussieht, nach seiner „ursprünglichen“ Herkunft gefragt wird. Ganz schlimm ja, wenn derjenige auch noch hier geboren wurde. Da gibt es dann „Betroffene“ und Sympathisanten, die in schöner Regelmäßigkeit deswegen in Rage geraten. Warum?

In klassischen und gelernten Einwanderungsländern, wie zum Beispiel USA oder Großbritannien – beides keine ethnischen Nationen, sondern Willens-/Verfassungsnationen – ist die Herkunft der Vorfahren zu betonen eine durchaus stolze Angelegenheit und danach zu fragen, zeugt vom Interesse am Gegenüber oder einfach nur von Neugier, was auch nichts Schlimmes ist. In den USA ist man in Bewegungen wie den Irisch, Polish, German, Italian Origns organisiert und definiert sich in Teilen auch darüber. Es stört keinen, es ist kein Makel, es ist normal und man ist trotzdem Amerikaner (Verfassungsnation) ohne irgendeinen Zweifel. In ethnisch definierten Nationen geht das eben nicht so einfach, aber da haben wir ja hier den enger gefaßten Heimatbegriff und mit dem geht das dann auch wieder.

Also ja! Mehr Heimat, mehr Identität, viel mehr Region – in unserem Falle – mehr Brandenburg (in Europa) wagen! Dann erledigt sich der Nationalismus von selbst….

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Herzlichen Glückwunsch Brandenburg!

Auch wenn es bedauerlicherweise sonst kaum einer auf dem Schirm hat, Brandenburg hat heute, am 11. Juni, Geburtstag – den 862. Also liebes Heimatland: Alles Gute und feier schön!

Infos zum Thema aus dem Brandenburgikon

Infos zum Thema auf diesen Seiten 2015

Infos zum Thema auf diesen Seiten 2015/2

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