Wie bitte!? – Wer, macht was, für wen?

Es sind die vielen Kleinigkeiten, die das Große und Ganze ins Wanken bringen, oder die Ausdruck dafür sein können, daß das Große und Ganze längst am Boden liegt. Während wir aufgescheucht werden, uns über die Griechen oder die italienischen Wahlen zu mokieren, wird unser eigenes Gemeinwesen peu à peu in Wirkung und Funktion auf den Kopf gestellt und niemand stört sich daran….

Fast ging es unter, einige werden es nicht mitbekommen haben, aber uns wurde vergangener  Woche ein Erfolg verkündet. Ein Sieg der Interessen der Bürger! Alle Beteiligten im Vermittlungsausschuß waren und sind sich einig.  Ein Gewinn für alle Bürger unsere Landes. So konnte man es den Meldungen entnehmen.

Worum ging es? Es beginnt bei der letzten Fußball EM 2012. Während des Halbfinalspiels Deutschland-Italien entschied das nur minimal besetzte bundesdeutsche Parlament, daß Meldeämter die Adressen der Einwohner an Adresshändler verkaufen dürfen, es sei denn, der Einwohner widerspricht dem. Im Bundesrat stieß dieses Gesetz auf Ablehnung. Also wurde ein Vermittlungsausschuß einberufen und dieser hat nun seine Arbeit beendet und uns oben genannte Lobhudelei verkündet. Nun ist es so, daß die Meldeämter persönliche Daten der gemeldeten Einwohner nur dann herausgeben dürfen, wenn diese vorher der Weitergabe ausdrücklich zugestimmt haben. Klingt doch toll, ist doch alles im Lot, oder? Interessant dabei auch: Gemeldet und berichtet wurde „herausgeben“ gemeint war aber „verkaufen“.

Wie bitte?!

MEINE Verwaltung ist jetzt offizielle Anlaufstelle für Adresshändler?!

Der einzig verkündbare Erfolg, der einzige zu erklärende Sieg, der einzig mögliche Gewinn wäre der gewesen, klar zu machen, daß unsere Einwohnermeldeämter niemals eine Anlaufstelle für Adresshändler sein werden, daß es den Meldeämtern strikt verboten ist die Daten IHRER Bürger an Unternehmen herauszugeben.

Mal schauen wie sich das entwickelt. Vielleicht gibt es ja ein Bonussystem? „Sie möchten Einen Ausweis? – Der kostet 28,80 €, wenn Sie der Weitergabe Ihrer Daten zustimmen, kostet er aber nur 17,90 €, wenn Sie uns noch 4 Verwandte oder Nachbarn nennen, die Ihre Daten auch freigeben würden und diese es auch tun, erhalten Sie den Ausweis kostenlos.“ So etwa?

Oder: „Sie haben falsch geparkt, das macht 15 €; stimmen Sie der Weitergabe Ihrer Daten zu, kostet´s die Hälfte“

Auch folgende Frage ist in dem Zusammenhang interessant:

Wenn der Vermittlungsausschuß nun den rechtlichen Rahmen abgesteckt hat, ist im konkreten Falle eine Verwaltung dennoch so frei zu sagen: „Nein, kommt nicht in Frage, wir wollen keine Anlaufstelle für Adresshändler sein!!“? Oder hat nun ein Adresshändler einen Rechtsanspruch, Verwaltungen dazu zu zwingen die Frage nach der Einwilligung zu stellen und wenn es doch ein paar „Trottel“ gibt, die einwilligen,  kann die Verwaltung nun gezwungen werden die Daten zu verkaufen?

Die Idee den Kommunen auf diese Weise Geld zukommen zu lassen  mag rationalem Denken entspringen, aber:

Rationalität ist nicht gleich Vernunft

Vernunft ist eine gedachte, akzeptierte und vor allem verstandene Schranke, die der reinen Rationalität die Grenzen aufzeigt.

Rationalität ohne Vernunft ist mitunter unanständig, ist das Gesetz des Dschungels .

Auch in ehrendem Gedenken an den verganger Woche verstorbenen Stéphane Hessel  erkläre ich also:

Ich empöre mich!

P.S. Der aktuelle Volksentscheid in der Schweiz zur Begrenzung der Managerboni verdeutlicht, was uns mittlerweile fehlt oder gar mittels mannigfaltiger Argumentation als selbstverständlich fehlend begründet wird. Die Macht des Volkes, eine wahre Interessenvertretung der Wähler. Was wir haben sind Erklärbären, die uns sagen, warum wir das ganz anders sehen müssen, Vertreter die oft in die falsche Richtung vertreten.

Der Souverän eines Gemeinwesens gewährt allen Akteuren die Möglichkeit innerhalb seines Gemeionswesens zu agieren, dieser und niemand anderes. Wenn  es ein Akteur mal übertreibt, weist der Souverän ihn in die Schranken. Bei uns Wunschdenken, klingt ja auch weltfremd, oder?

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