Land ohne Gesicht? Ein Vorschlag!

Handout Imageuntersuchung Brandenburg

Einige Tage nach dem Brandenburggeburtstag (11.06.) geisterte die als erschreckend präsentierte Erkenntnis durch die Brandenburger Presse, daß Brandenburg kein Image hätte, daß es für viele Menschen außerhalb Brandenburgs ein unbeschriebenes Blatt sei; ein Land ohne Eigenschaften.

Nun, zum Teil mag das vielleicht abzuleiten sein und stimmen, zum Teil aber auch nicht. Grund für den geschilderten Aufschrei ist das Ergebnis einer Untersuchung im Auftrage der Brandenburger Staatskanzlei zum Meinungsbild über Brandenburg (oben verlinkt).

Liest man sich das Ganze aber mit der für uns typischen Brandenburger Bodenhaftung und Gelassenheit durch, so kann man an der einen oder anderen Stelle auch ein anderes Bild zeichnen und zu etwas optimistischer stimmenden Schlußfolgerungen gelangen.

Fakt ist, daß, bundesweit gesehen, Bayern das einzige Land ist, welches über ein relativ deutliches Bild (Image) bei allen anderen Bundesbürgern verfügt. Bayern? Moment! Da war doch was? Genau! Das sind die, die über ein ausgeprägtes Regional- und Heimatbewußtsein verfügen und denen die bayerische Jacke eindeutig lieber ist als die deutsche. Bayern zuerst! Dann klappt es auch mit dem Image…. darüber sollte man mal nachdenken. Das Recht auf seine regionaltypischen Eigenheiten in den Vordergrund gestellt und schon läuft es auch mit der Erkennbarkeit.
Einen vergleichbar deutliches Bild geben nur noch die Partystadtstaaten Hamburg und Berlin ab.

Weniger tragisch ist auch das Ergebnis bei einer anderen Frage dieser Untersuchung.
Es mag auf den ersten Blick befremdlich wirken, daß zwar 78 Prozent aller Westdeutschen z.B. den Spreewald kennen aber nur 38 Prozent diesen auch mit Brandenburg in Verbindung bringen. Ein jeder gehe mal in sich und sage ad hoc wo die Eifel oder die Rhön liegen…. Genau! Alles halb so wild!

In dieser Untersuchung finden sich aber auch recht bemerkenswerte Ergebnisse. So steht da zum Beispiel:

„Brandenburg-Kenner“ wissen zu diesen und weiteren Details mehr und werten zumeist im Folgenden auch (tendenziell) positiver in Bezug auf Brandenburg. Unter „Brandenburg-Kennern“ befinden sich in Relation zu den Nicht-Kennern mehr formal höher Gebildete, Männer und Personen mittleren Alters (30 bis 49 Jahre). Speziell Brandenburger Orte sind zudem bei Älteren (50+) zumeist bekannter.

auch interessant ist folgende Erkenntnis:

Der Zusammenhang von Wissen und Gefallen zeigt sich explizit auch für Brandenburg: Bei Kennern hat Brandenburg – wie erwähnt – einen Sympathiewert von 2,7, bei Nicht-Kennern nur 3,4.

Auch dies ist spannend:

In Westdeutschland finden zudem Studierende Brandenburg als Zuzugsort tendenziell attraktiver; ebenso steigt mit zunehmendem Alter, höherer formaler Bildung und Einkommen die Attraktivität von Brandenburg als touristisches Ziel.

Man könnte also glatt auf die Idee kommen zu behaupten, daß Brandenburg so etwas wie das Theater- oder Opernhaus unter den Bundesländern sei – eher ruhig, gediegen, nicht Jedermanns Geschmack aber erstklassig und mit Niveau unterhaltend  –> Nur für Kenner! 😉

Eine weitere Aussage der Untersuchung bildet sogar einen tauglichen Ansatz für die Formulierung eines Wahlspruchs für das Land. So wurde festgestellt:

Das Eigenschaftenprofil für Brandenburg und die Brandenburger/-innen polarisiert wenig, kippt aber auch nicht ins Negative: bodenständig, freundlich, entspannt, verlässlich und aufrichtig werden am ehesten zugeschrieben, aber weniger tolerant, fortschrittlich, spannend und optimistisch.

Zu dem, was wir angeblich nicht sind, nur folgende Anmerkungen:

fortschrittlich – Fortschritt ist eine Frage des Standpunktes, der Blickrichtung und der Zielstellung.

tolerant – Wenn jemand von Haus aus freundlich und entspannt ist, wird er wohl kaum intolerant sein.

spannend – Spannend ist zwar kurzweilig aber doch das Gegenteil von bodenständig. Spannung  wird mitunter auch durch Ungewissheit und Unberechenbarkeit erzeugt, das wollen wir doch niemandem zumuten, oder?

optimistisch – nun, man kann nicht alles sein. Und wenn der Märker eher der knorrige Typ ist, dann ist offensichtlicher Optimismus nicht so Seins. Auch schrullige Angewohnheiten können ein sympathisches Bild prägen und manchmal ist aufgeregter Optimismus auch nur dümmliche Naivität.

Mit den Eigenschaften, die uns laut der Untersuchung aber zugewiesen werden, sollten wird doch als Charakterisierung sehr gut leben können, oder?

bodenständig, freundlich, entspannt, verlässlich und aufrichtig

So würde ich Menschen beschreiben, von denen ich mir auch des Nachts gern den Weg beschreiben lasse und bei denen ich keine Beklemmungen bekomme, wenn sie mich ganz spontan auf ein Gläschen Brandenburger Obstwein in ihren Vorgarten einladen.

Auch erinnern mich diese Charaktereingenschaften doch sehr an den Wahlspruch des historischen Roten-Adlerordens „SINCERE ET CONSTANTER“ – „aufrichtig und beständig“

Und voila! Fertig sind Wahlspruch des Landes und Slogan für eine „Imagekampagne“ Brandenburgs.

Brandenburg –
                         sincere et constanter
                                                  ….. nur für Kenner

Der Orden mag eine Stiftung des Hauses Brandenburg-Bayreuth sein, wurde aber am Ende des 18. Jh. die zweithöchste Auszeichnung Preußens und lebt in seiner optischen Ähnlichkeit oder auch nur gefühlt – ohne Wahlspruch – im Verdienstorden des Landes Brandenburgs bis heute weiter.

Wir sollten nicht den Fehler begehen und uns mit einem Spruch à la Sachsen-Anhalt „Willkommen im Land der Frühaufsteher“ auf lächerliche Art und Weise bekannt machen. Zumal die Sachsen-Anhaltiner, ebenso wie die Brandenburger, aufrgrund des Pendelzwanges zur Arbeitsstätte früher aufstehen müssen als andere.

Auch Mecklenburg-Vorpommerns „MV tut gut“ mag ein wirklich schöner Spruch sein, klingt aber irgendwie auch ein wenig wie die letzte Entscheidung kurz vor Abgabetermin des ersten Agenturentwurfs.

Baden-Württembergs „Wir können alles, außer Hochdeutsch“ ist originell und prägt sich auf sympathische Weise ein. Ein vermeintliches Defizit wird als charmante Eigenschaft dargestellt. Die Tatsache, daß Baden-Württemberg den Spruch erst angeboten bekam, nachdem ihn Sachsen abgelehnt hat zeigt aber auch, daß er leider doch beliebig ist.

Und auch unser bisheriges „Neue Perspektiven entdecken“ ist an Beliebigkeit nur schwer zu übertreffen. Eine Charakterisierung von Land und Leute findet mit diesem Spruch nicht statt und ich bezweifle doch sehr, daß ein solcher Slogan bei auswärtigen Entscheidern für Investitionen einen Anteil daran gehabt haben könnte, auch nur einen Euro locker machen zu wollen.

Brandenburg gehört zu den ältesten Kulturlandschaften Mitteleuropas, damit sollten wir arbeiten und auch gewisse Eigenheiten gepflegt in den Vordergrungd stellen. Man muß wissen, wie man uns nehmen muß, dann klappt es auch mit fast allem…. Wir sollten uns nicht bemühen ein neues Bild zu kreieren, uns ein neues Image verpassen zu wollen, etwas zu behaupten, daß zwar schön klingt, aber mit Land und Leuten wenig gemein hat und von den Brandenburgern dann eher belächelt wird. Nein, wir sollten uns darauf besinnen das Vorhandene zu beschreiben und charmant darzustellen. Das wirkt dann auch auf uns Einheimische identitätsfördernd.

Und so würde ich mich freuen, wenn mich bei meiner Heimkehr von verschiedenen Reisen in andere schöne Regionen Europas an der Autobahn ein Schild in dieser Art begrüßen würde:

Dabei stört es eben nicht, daß vielleicht nicht jeder sofort weiß, was „dieser lateinische Spruch“ bedeutet. Der Interessierte findet es heraus*. Und die Uninteressierten? Tja, Filterfunktion erfolgreich!

In diesem Sinne

Mehr Brandenburg wagen!

 

*
Um den Ängstlichen und Vorsichtigen unter uns gerecht zu werden, kann man ja einige hundert Meter nach dem Willkommensschild auch noch ein Schild mit der Aufforderung den Beifahrer googeln zu lassen aufstellen bzw. auf die Entfernung zum nächsten Parkplatz respektive zur nächsten Raststätte (voller Brandenburger Produkte 😉 ) verweisen

 

 

 

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