Kurzer Einwurf pro Föderalismus und Subsidiarität

Schulsysteme, Kitagebühren, Anbauverbote etc., immer öfter fordert eine Gruppierung, ein Verband, eine Interessenvertretung oder auch eine Partei  bundeseinheitliche Lösungen und etliche Bürger scheinen das zu unterstützen – auch ohne zu schauen oder gar zu untersuchen, wer das eigentlich  fordert und warum. Mit jeder Vereinheitlichung von Gesetzen auf Bundesebene schmälert man Gestaltungsmöglichkeiten auf der Landesebene. Man ruft für immer mehr Bereiche nach bundeseinheitlichen Regelungen, also im Prinzip nach der Abkehr von Föderalismus und Subsidiarität. Das sind interessanterweise oft die gleichen Menschen, die eine Vereinheitlichung/Gleichschaltung auf der nächsthöheren Verwaltungsebene, der europäischen, vehement ablehnen.

Ich lehne diesen Drang zum Zentralismus eben nicht erst ab der EU-Ebene ab, sondern schon auf der Bundesebene.

Was hindert uns Brandenburger daran, das in unseren Augen beste Modell in einer Angelegenheit auch für uns zu fordern, von unseren Parlamentariern auf der Landesebene? Warum sollen wir warten, bis sich 16 Bundesländer auf ein Modell geeinigt haben – ach halt, wenn die Zentralisierung abgeschlossen ist, dann muß man nur den Bund überzeugen.

Hm, Moment! Also ich halte es für einfacher, eine Legislative, die für 2,5 Mio Bürger auf knapp 30 Tsd. km² wirkt zu erreichen und zu überzeugen, als eine Legislative, die für 82 Mio Bürger auf 360Tsd km² zuständig ist.
Im Bundestag sitzen derzeit 12 Brandenburger Abgeordnete (nicht zu vergessen in 4 Fraktionen). Auf jeden Brandenburger Abgeordneten kommen also gut 204.000 Brandenburger. Tja und dann gibt es da noch 618 Abgeordnete aus anderen Ländern. Im Brandenburger Landtag Sitzen 88 Abgeordnete (gut 27.800 Ew./Abgeordneter) die Mehrheit liegt bei 45 und nicht bei 316. Da sollte eine Mehrheit für Brandenburger Angelegenheiten, die auch nach heutiger Rechtslage in Brandenburg allein geklärt werden können, doch schneller in Brandenburg zu organisieren sein als im Bund, oder?

Wieso soll es nicht möglich sein, daß Brandenburger in Brandenburg für Brandenburg und für Brandenburger ihre Belange regeln? Jeder Abgeordnete des Brandenburger Landtages betreibt ein Abgeordnetenbüro, ist erreichbar. Jeder Abgeordnete ist in einer Partei oder Vereinigung organisiert, die man mal besuchen oder der man auch beitreten kann.
Ich stelle es mir bedeutend einfacher vor für uns vor Ort,  hier in Brandenburg etwas erreichen können, als über Berlin oder Brüssel gehen zu müssen.

Abbau von föderalen und subsidiären Strukturen dient immer der Stärkung von Zentralismus. Zentralismus führt und führte immer, über kurz oder lang, bei den einen zu einer Schwächung der Identifikation mit der entsprechenden „Verwaltungseinheit“, somit zu politischem Desinteresse und einer Verweigerung der demokratischen Teilhabe – man überläßt das Feld quasi jenen, die darin eine Chance erkennen; bei anderen hat Zentralismus den gegenteiligen Effekt, führt zu übersteigerter Identifikation, die irgendwann im Chauvinismus endet und in seiner Wirkung durch die Verweigerungshaltung Erstgenannter auch noch verstärkt wird.
Zentralismus ist schon mehr als einmal  gescheitert und er dürfte auch einer der Gründe sein, warum viele Europäer perspektivisch ein zunehmendes Unbehagen mit Aufbau und Funktion der heutigen EU empfinden.

Wenn man etwas auf naher Ebene regeln kann, so sollte man das auch tun. Schützt auch vor Ausreden über bundesdeutsche oder europäische Hindernisse.

 

#AnotherEurope
#WirBrandenburger

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